Ein Verein, der nach seiner Satzung zwar für die Förderung des
öffentlichen Gesundheitswesens eintritt, in der Öffentlichkeit aber für die
sofortige Aufhebung der Corona-Maßnahmen eintritt, die Effektivität von Masken
anzweifelt, die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses
fordert und auf das verfassungsrechtliche Widerstandsrecht im Fall der
Bedrohung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung hinweist, ist nicht
gemeinnützig. Der Verein ist dann allgemeinpolitisch tätig.
Hintergrund: Die
Gemeinnützigkeit wird steuerlich gefördert, indem sie grundsätzlich zur
Steuerfreiheit führt und beim Unterstützer den steuerlichen Spendenabzug
ermöglicht. Allerdings sieht der Gesetzgeber nur bestimmte Tätigkeiten als
gemeinnützig an.
Sachverhalt: Der Antragsteller
war ein Verein, der nach seiner Satzung die Förderung des öffentlichen
Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege sowie die allgemeine
Förderung des demokratischen Staatswesens anstrebte. Auf seiner Internetseite
stellte er die Effektivität von Masken in Frage und wies auf die schädlichen
Nebenwirkungen von Desinfektionsmitteln für die Hände hin. Außerdem verlangte
er die sofortige Aufhebung der sog. Corona-Maßnahmen, wies auf das im
Grundgesetz verankerte Widerstandsrecht hin, das bei Bedrohung der
freiheitlich-demokratischen Grundordnung gilt, und forderte die Einsetzung
eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Das Finanzamt erließ
gegenüber dem Antragsteller einen Körperschaftsteuer-Vorauszahlungsbescheid.
Der Antragsteller beantragte die Aussetzung der Vollziehung dieses
Bescheids.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) lehnte den Antrag ab:
-
Der Antragsteller war nicht gemeinnützig, so dass keine
ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorauszahlungsbescheids
bestanden. Der Antragsteller hat die Grenzen einer Betätigung, die der
Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens dient, überschritten, indem er
sich allgemeinpolitisch betätigt hat. -
Der Antragsteller hat allgemein die Corona-Politik kritisiert,
ohne sich mit den medizinischen, virologischen oder epidemiologischen Gründen
für die einzelnen Corona-Maßnahmen auseinanderzusetzen. Soweit er zum
Widerstand aufgerufen hat, hat er nicht berücksichtigt, dass das zu bekämpfende
Unrecht offenkundig sein muss und dass gegen die Corona-Maßnahmen
rechtsstaatliche Mittel wie z.B. verwaltungsgerichtliche Verfahren zur
Verfügung stehen. -
Die Tätigkeit des Antragstellers dient auch nicht der
allgemeinen Förderung des demokratischen Staatswesens. Der Antragsteller hat
sich nämlich nicht umfassend mit den demokratischen Grundprinzipien beschäftigt
und diese objektiv und neutral gewürdigt. Vielmehr geht es dem Antragsteller um
konkrete Corona-Maßnahmen.
Hinweise: Wer sich
allgemeinpolitisch betätigen will, muss eine Partei gründen, die steuerliche
Privilegien genießt. Im Rahmen der Gemeinnützigkeit sind allgemeinpolitische
Äußerungen oder Betätigungen hingegen nicht zulässig. Eine politische
Betätigung ist bei einem gemeinnützigen Verein steuerlich nur erlaubt, soweit
sie im Zusammenhang mit dem gemeinnützigen Zweck des Vereins steht und diesen
unterstützt.
Vor nicht allzu langer Zeit hatte der BFH bereits dem Verein
„attac“ die Gemeinnützigkeit versagt, weil dieser ebenfalls
allgemeinpolitisch aktiv ist.
BFH, Beschluss v. 18.8.2021 – V B 25/21 (AdV);
NWB
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