Das Finanzamt kann im Insolvenzverfahren des Steuerpflichtigen
nachträglich, d.h. nach Anmeldung der Steuerforderung zur Insolvenztabelle,
anmelden, dass der Steuerforderung eine Steuerstraftat zugrunde liegt, die zum
Ausschluss der Restschuldbefreiung führt.
Hintergrund: Macht das Finanzamt
Steuerforderungen im Insolvenzverfahren als Insolvenzforderung geltend, stellt
es dies erforderlichenfalls durch schriftlichen Verwaltungsakt fest.
Streitfall: Über das Vermögen
des Klägers wurde im Juli 2015 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger
beantragte eine Restschuldbefreiung. Das Finanzamt meldete Steuerforderungen
der Jahre 2007 sowie 2009 bis 2011 zur Insolvenztabelle an. Die
Steuerforderungen wurden im November 2015 zur Insolvenztabelle festgestellt. Im
April 2016 wurde der Kläger wegen Steuerhinterziehung der Jahre 2007 sowie 2009
bis 2011 rechtskräftig verurteilt. Das Finanzamt beantragte daraufhin die
nachträgliche Ergänzung der Insolvenztabelle durch den Zusatz, dass es sich um
Steuerforderungen aus einer Steuerstraftat handelt, die eine
Restschuldbefreiung ausschließt. Gegen diese nachträgliche Ergänzung legte der
Kläger Widerspruch ein, der in der Insolvenztabelle eingetragen wurde.
Daraufhin erließ das Finanzamt einen Feststellungsbescheid, in dem es die
Steuerforderungen als von der Restschuldbefreiung ausgenommene
Insolvenzforderungen feststellte. Diesen Bescheid focht der Kläger an. Das
Insolvenzverfahren wurde im Juli 2019 aufgehoben.
Entscheidung: Der BFH wies die
Klage ab:
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Im Insolvenzverfahren meldet das Finanzamt seine
Steuerforderungen zur Tabelle an. Zur Anmeldung gehören auch Tatsachen, die
eine Restschuldbefreiung ausschließen, z.B. eine Steuerstraftat, die den
Steuerforderungen zugrunde liegt. -
Sowohl die Steuerforderung als auch eine Ergänzung kann
nachträglich erfolgen, d.h. nach Ablauf der Anmeldefrist. Dies umfasst auch die
Ergänzung, dass der Steuerforderung eine Steuerstraftat zugrunde liegt. -
Der Feststellungsbescheid war erforderlich, wie dies das
Gesetz verlangt. Der Kläger hatte nämlich Widerspruch gegen die nachträgliche
Ergänzung der zugrunde liegenden Steuerstraftat eingelegt. Durch den
Feststellungsbescheid wurde dieser Widerspruch beseitigt und sichergestellt,
dass die Steuerforderungen nicht von der Restschuldbefreiung erfasst werden.
Hinweise: Die Ergänzung, dass
die Forderungen aus einer Steuerstraftat stammen, für die die
Restschuldbefreiung ausgeschlossen ist, nennt man „Attribut“. Das
Attribut ist wichtig, damit das Finanzamt nicht einen Teil seiner
Steuerforderungen durch eine Restschuldbefreiung verliert. Der Steuerpflichtige
kann sich gegen dieses Attribut durch einen Widerspruch wehren, den das
Finanzamt aber durch einen Feststellungsbescheid beseitigen kann. Gegen diesen
Bescheid sind dann der Einspruch und ggf. eine Klage statthaft.
Das Urteil ist nachteilig für Insolvenzschuldner, die
Steuerstraftaten begangen haben und eine Restschuldbefreiung anstreben. Denn
nach dem Urteil kann das Finanzamt das sog. Attribut auch noch nachträglich
ergänzen lassen.
Quelle: BFH, Urteil v. 28.6.2022
– VII R 23/21; NWB
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