Ein steuerpflichtiger Spekulationsgewinn aus dem Verkauf einer
Immobilie entfällt nicht deshalb, weil die Immobilie der Mutter oder
Schwiegermutter des Steuerpflichtigen unentgeltlich überlassen worden ist. Die
unentgeltliche Überlassung stellt keine Nutzung zu eigenen
Wohnzwecken dar
, bei der nach dem Gesetz ein
Spekulationsgewinn nicht versteuert werden müsste.

Hintergrund: Der Gewinn aus dem Verkauf von Immobilien des
Privatvermögens innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist ist
steuerpflichtig. Nach dem Gesetz werden jedoch selbst genutzte Immobilien von
der Steuerpflicht für Spekulationsgewinne grundsätzlich ausgenommen.

Sachverhalt: Die Kläger sind
Eheleute und erwarben im Jahr 2009 zum Preis von ca. 187.000 €
(einschließlich Nebenkosten) eine Eigentumswohnung, die noch zu errichten war.
Nach Fertigstellung überließen sie die Wohnung unentgeltlich der Mutter der
Klägerin (Schwiegermutter des Klägers). Die Mutter starb im Jahr 2016. Die
Kläger verkauften die Wohnung noch im Jahr 2016 zum Preis von 220.000 €.
Das Finanzamt ermittelte einen Spekulationsgewinn von 33.000 €, den es
hälftig jeweils den beiden Klägern zurechnete. Eine Steuerbefreiung für den
Verkauf selbst genutzter Immobilien kam nach Auffassung des Finanzamts nicht in
Betracht.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Der Verkauf der Eigentumswohnung erfolgte innerhalb der
    zehnjährigen Spekulationsfrist, da die Wohnung im Jahr 2009 gekauft und im Jahr
    2016 verkauft worden war. Die Kläger erzielten aus dem Verkauf einen Gewinn, so
    dass ein Spekulationsgewinn entstanden ist.

  • Dieser Spekulationsgewinn war auch steuerpflichtig, weil die
    Steuerbefreiung für selbstgenutzte Immobilien nicht greift. Eine Selbstnutzung
    liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige die Immobilie im
    Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Fertigstellung und Veräußerung selbstgenutzt
    hat oder wenn er sie im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorherigen
    Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat.

  • Als Selbstnutzung zählt es auch, wenn der Steuerpflichtige die
    Immobilie seinem Kind, das einkommensteuerlich bei ihm berücksichtigt wird,
    unentgeltlich überlässt. Denn dem Steuerpflichtigen obliegt die Unterbringung
    des eigenen Kinds. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht im Falle der
    unentgeltlichen Überlassung an andere Angehörige wie z.B. die Eltern oder
    Schwiegereltern.

  • Im Streitfall gilt daher die unentgeltliche Überlassung an die
    Mutter der Klägerin nicht als eigene Selbstnutzung, sodass der
    Spekulationsgewinn steuerpflichtig ist.

Hinweis: Der BFH legt den
Begriff der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken eng aus, weil es sich um eine
Steuerbefreiung handelt. Entweder der Steuerpflichtige selbst oder sein Kind,
das einkommensteuerlich beim Steuerpflichtigen berücksichtigt wird, muss die
Immobilie selbst nutzen. Der Steuerpflichtige kann die Immobilie auch zusammen
mit seinem Kind nutzen.

Wird die Immobilie jedoch nicht ausschließlich dem eigenen Kind
überlassen, sondern zugleich auch unentgeltlich dessen Kindesmutter bzw.
Kindesvater, ist der Spekulationsgewinn steuerpflichtig. Für die
Steuerbefreiung genügt es auch nicht, wenn der Steuerpflichtige unter der
Anschrift der Immobilie lediglich mit seinem Wohnsitz gemeldet ist, sich dort
aber nur für Besuche aufhält.

Quelle: BFH, Urteil vom 14.11.2023 – IX R 13/23; NWB