Gibt ein Unternehmer selbst erzeugte Wärme unentgeltlich an einen
anderen Unternehmer ab, stellt dies eine unentgeltliche Zuwendung eines
Gegenstands (Entnahme) dar, die umsatzsteuerbar ist. Es kommt nicht darauf an,
ob der andere Unternehmer die Wärme für einen Zweck verwendet, der zum
Vorsteuerabzug berechtigen würde.

Hintergrund: Eine
umsatzsteuerliche Entnahme liegt vor, wenn der Unternehmer einen Gegenstand aus
seinem Unternehmen für Zwecke verwendet, die außerhalb seines Unternehmens
liegen, z.B. für private Zwecke oder als unentgeltliche Zuwendung.

Sachverhalt: Die Klägerin
betrieb ein Blockheizkraftwerk, mit dem sie Strom und Wärme produzierte. Den
Strom speiste die Klägerin gegen Entgelt in das allgemeine Stromnetz ein. Die
Wärme überließ sie zwei Unternehmen: zum einen an den Unternehmer A, der die
Wärme zur Trocknung von Holz in Containern verwendete, und zum anderen an den
Landwirt B, der mit der Wärme seine Spargelfelder beheizte. Zwar sollten sowohl
A und B eine Vergütung an die Klägerin zahlen; tatsächlich stellte die Klägerin
aber weder A noch B ein Entgelt in Rechnung und bekam daher auch kein Geld von
den beiden Unternehmern. Die Klägerin erhielt aber vom Stromnetzbetreiber einen
sog. Kraft-Wärme-Kopplung-Bonus (KWK-Bonus) in Höhe von ca. 85.000 €.
Das Finanzamt sah in der unentgeltlichen Überlassung der Wärme eine Entnahme
und setzte Umsatzsteuer auf der Grundlage der Selbstkosten der Klägerin
fest.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) bejahte eine umsatzsteuerbare Entnahme:

  • Die unentgeltliche Abgabe von Wärme an einen anderen
    Unternehmer für dessen wirtschaftliche Tätigkeit stellt eine Entnahme dar. Die
    Klägerin hatte kein Entgelt für die Wärme erhalten. Auch der KWK-Bonus war kein
    Entgelt für die Wärmelieferung, da er nur für den eingespeisten Strom gezahlt
    wurde.

  • Für die Beurteilung als Entnahme kommt es nicht darauf an, ob
    der andere Unternehmer die Wärme für sein Unternehmen nutzt und ob er die Wärme
    in einem Unternehmensbereich einsetzt, für den er zum Vorsteuerabzug berechtigt
    wäre. Die Klägerin wäre nämlich gar nicht ohne Weiteres in der Lage, den
    umsatzsteuerlichen Status von A und B, insbesondere deren
    Vorsteuerberichtigung, zu überprüfen.

  • Die weitere Voraussetzung einer umsatzsteuerbaren Entnahme war
    ebenfalls erfüllt, da die Klägerin zum Vorsteuerabzug bezüglich der
    Anschaffungskosten ihres Kraftwerks berechtigt gewesen war. Anderenfalls wäre
    eine Umsatzsteuer auf die Entnahme nicht gerechtfertigt.

  • Als Bemessungsgrundlage für die
    Entnahme
    sind die Selbstkosten anzusetzen. Zwar ist vorrangig
    der Einkaufspreis als Bemessungsgrundlage anzusetzen; dies gilt aber nur dann,
    wenn für die Klägerin ein Einkauf von Wärme möglich gewesen wäre. Die Klägerin
    hätte Wärme aber nicht einkaufen können, da sie nicht an das Fernwärmenetz
    angeschlossen war.

Hinweise: Zu den Selbstkosten
gehören nicht nur die unmittelbaren Herstellungs- oder Erzeugungskosten für die
Wärme, sondern auch Kosten, die nur mittelbar der Herstellung bzw. Erzeugung
zurechenbar sind, z.B. Finanzierungskosten. Dies gilt auch dann, wenn sie nicht
mit Vorsteuer belastet waren.

Der BFH hatte den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen, der
eine Entnahme bejaht hatte. Der BFH ist mit seinem aktuellen Urteil nun dem
EuGH gefolgt.

Quelle: BFH, Urteil v. 4.9.2024 – XI R 15/24 (XI R 17/20);
NWB