Zwar stellt die Gewährung eines niedrig verzinsten Darlehens
grundsätzlich eine gemischte Schenkung dar, so dass der Zinsvorteil der
Schenkungsteuer unterliegt. Maßgeblich für die Ermittlung des Vorteils ist die
Differenz zwischen dem vereinbarten (niedrigen) Zinssatz und dem marktüblichen
Zinssatz für vergleichbare Darlehen, nicht jedoch die Differenz zwischen dem
vereinbarten Zinssatz und dem gesetzlichen Zinssatz von 5,5
%.
Hintergrund: Eine Schenkung ist
eine freigebige Zuwendung, soweit der Beschenkte durch die Zuwendung auf Kosten
des Schenkers bereichert wird. Nach dem Gesetz wird als Nutzungsvorteil einer
Geldsumme ein Zinssatz von 5,5 % angesetzt, wenn kein anderer Wert feststeht.
Sachverhalt: Der Kläger nahm am
3.11.2016 ein Darlehen in Höhe von ca. 1,9 Mio. € bei seiner Schwester
auf. Nach dem Darlehensvertrag galt das Darlehen als bereits zum 1.1.2016
ausbezahlt. Das Darlehen wurde auf unbestimmte Zeit gewährt und ab dem 1.1.2016
mit 1 % verzinst. Das Finanzamt sah in der Differenz zwischen dem vereinbarten
Zinssatz von 1 % und dem gesetzlichen Zinssatz von 5,5 % eine Schenkung (4,5 %
von 1,9 Mio. € = 85.500 €), die es aufgrund der unbestimmten
Dauer des Darlehens mit dem 9,3-fachen des Jahreswerts bewertete. Das Finanzamt
gelangte so zu einer Schenkung von ca. 790.000 € und damit zu einer
Schenkungsteuer in Höhe von 229.500 €.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage zum Teil statt und setzte die
Schenkungsteuer auf rund 60.000 € herab:
-
Die Gewährung eines niedrig verzinsten Darlehens stellt eine
Schenkung dar, weil der Darlehensnehmer die Möglichkeit erhält, das
Darlehenskapital zu nutzen, während der Darlehensgeber auf einen Zinsertrag
verzichtet, den er bei verkehrsüblichem Verhalten erzielt hätte. Die Schenkung
wurde im Streitfall am 1.1.2016 ausgeführt, weil das Darlehen als zum 1.1.2016
ausbezahlt galt. -
Allerdings richtet sich der Zinsvorteil nur
dann nach der Differenz zwischen dem vereinbarten Zinssatz und dem gesetzlichen
Zinssatz von 5,5 %, wenn kein anderer Wert feststeht. Nach
den Feststellungen der Vorinstanz betrug der Zinssatz bei Darlehen für
wirtschaftlich selbständige Personen bei einer Zinsbindung von bis zu fünf
Jahren im Jahr 2016 effektiv lediglich 2,81 %. Daher ist schenkungsteuerlich
nur ein Zinsvorteil von 1,81 % (2,81 % marktüblicher Zinssatz abzüglich 1 %
vereinbarter Zinssatz) anzusetzen. -
Der Zinsvorteil beträgt somit nur ca. 34.000 € (ca. 1,9
Mio. € x 1,81 %) und ist mit dem Faktor von 9,3 zu multiplizieren, so
dass sich eine Schenkung in Höhe von ca. 316.000 € ergibt. Nach
Berücksichtigung des Freibetrags von 20.000 € für Geschwister ergibt
sich eine Schenkungsteuer von ca. 60.000 € statt in Höhe von 229.500
€.
Hinweise: Das Urteil ist für die
Gewährung niedrig verzinster Darlehen in der Niedrigzinsphase wichtig, weil es
als Maßstab nicht den gesetzlichen Zinssatz von 5,5 % benennt, sondern den
marktüblichen Zinssatz für vergleichbare Darlehen.
Der BFH führt zwar im Urteil aus, dass der Steuerpflichtige den
marktüblichen Zinssatz nicht nachweisen muss, da das Gesetz – anders als
bei der Bewertung von Grundstücken – keinen Nachweis des
Steuerpflichtigen verlangt. Allerdings wird es im Interesse des
Steuerpflichtigen liegen, einen niedrigeren marktüblichen Zinssatz als 5,5 %
nachzuweisen, um auf diese Weise die Schenkungsteuer zu mindern. Er sollte
nicht darauf vertrauen, dass das Finanzamt oder das Finanzgericht den
marktüblichen Zinssatz ermittelt.
Quelle: BFH, Urteil vom 31.7.2024 – II R 20/22; NWB
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