Übertragen die Gesellschafter einer GmbH, die Arbeitgeberin ist,
unentgeltlich GmbH-Anteile auf Arbeitnehmer, die in der Geschäftsleitung tätig
sind, damit diese den Sohn der Gesellschafter als neuen Geschäftsführer der
GmbH im Rahmen der Unternehmensnachfolge unterstützen, führt dies nicht zu
Arbeitslohn. Denn die Übertragung der Anteile ist dann nicht
durch das Arbeitsverhältnis veranlasst
.

Hintergrund: Zum Arbeitslohn
gehören alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis
zufließen.

Sachverhalt: Die Klägerin war in
der Geschäftsleitung der X-GmbH als Arbeitnehmerin tätig. Gesellschafter der
X-GmbH waren die Eheleute A und B. A vollendete im Jahr 2012 das 65.
Lebensjahr. In einer Gesellschafterversammlung im Jahr 2013 beschlossen A und
B, ihre GmbH-Anteile im Umfang von 74,61 % auf ihren Sohn S, der
unternehmerisch noch nicht erfahren war, und im Umfang von jeweils ca. 5,08 %
auf die Klägerin sowie auf weitere vier Mitglieder der Geschäftsleitung
(insgesamt 25,39 %) unentgeltlich zum 1.1.2014 zu übertragen. Dies sollte dazu
dienen, die Unternehmensnachfolge zu sichern; die Übertragung auf S erfolgte
unter Nießbrauchsvorbehalt. Mit der Klägerin und den vier weiteren Mitgliedern
der Geschäftsleitung vereinbarten A und B jeweils eine Rückfallklausel, nach
der A und B die Rückübertragung der Anteile verlangen konnten, falls das
Finanzamt die schenkungsteuerliche Begünstigung für die schenkweise Übertragung
der GmbH-Anteile nicht gewähren würde. Das Finanzamt behandelte die Übertragung
der GmbH-Anteile auf die Klägerin als lohnsteuerpflichtig und bewertete dies
mit dem gemeinen Wert der Anteile.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Zwar kann Arbeitslohn auch durch einen Dritten wie A und B
    geleistet werden, die nicht Arbeitgeber der Klägerin waren. Die Übertragung der
    GmbH-Anteile auf die Klägerin führte aber nicht zu Arbeitslohn, weil sie
    nicht maßgeblich durch das Arbeitsverhältnis
    veranlasst
    war.

  • Entscheidendes Motiv für
    die Übertragung der GmbH-Anteile war die Regelung der
    Unternehmensnachfolge
    . Dies folgt aus dem Protokoll der
    Gesellschafterversammlung sowie aus der Rückfallklausel, die die Übertragung
    von der schenkungsteuerlichen Begünstigung der Übertragung der GmbH-Anteile
    abhängig machte. Durch die Übertragung von insgesamt 25,39 % (5 x ca. 5,08 %)
    auf die Kläger und die vier weiteren Mitglieder der Geschäftsleitung erhielten
    diese eine Sperrminorität und konnten damit Einfluss auf die
    Unternehmensleitung durch S nehmen.

Hinweise: Gegen den Ansatz von
Arbeitslohn sprach auch, dass der Wert der übertragenen GmbH-Anteile deutlich
über dem Jahresgehalt der Klägerin lag. Außerdem wäre nicht nachvollziehbar
gewesen, weshalb die fünf Mitglieder der Geschäftsleitung einen gleich hohen
geldwerten Vorteil in Gestalt der GmbH-Anteile als Arbeitslohn hätten erhalten
sollen, obwohl sie unterschiedlich lang bei der X-GmbH beschäftigt waren und
unterschiedlich hohe Gehälter bezogen. Im Übrigen waren die
Anteilsübertragungen auch nicht an den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der
Klägerin geknüpft.

Zu beachten ist, dass bei der Frage, ob ein geldwerter Vorteil
durch das Arbeitsverhältnis veranlasst ist oder aber eine Schenkung vorliegt,
die konkreten Umstände des Einzelfalls zu
prüfen
sind. Arbeitslohn wäre daher zu bejahen, wenn der
Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer bereits zu Beginn seiner Tätigkeit das Recht
zum verbilligten Erwerb von Anteilen einräumt, falls der Arbeitnehmer bestimmte
Ziele in einem festgelegten Zeitraum erreicht.

Quelle: BFH, Urteil vom
20.11.2024 – VI R 21/22; NWB