Ein Beamter, der zunächst für vier Jahre an einen anderen
Tätigkeitsort versetzt wird und dessen Versetzung anschließend mehrfach um
jeweils zwei Jahre verlängert wird, ist beim Abzug seiner Fahrtkosten als
Werbungskosten nicht auf den Abzug der Entfernungspauschale beschränkt.
Vielmehr kann er die Fahrtkosten zu dem in der Versetzung genannten
Tätigkeitsort in tatsächlicher Höhe absetzen.

Hintergrund: Ein Arbeitnehmer
kann die Aufwendungen für seine Wege zwischen Wohnung und erster
Tätigkeitsstätte nur in Höhe der Entfernungspauschale absetzen, die 0,30
€ pro Entfernungskilometer (= einfache Strecke) für die ersten 20 km und
ab dem 21. km 0,38 € beträgt. Ist sein Einsatzort jedoch keine erste
Tätigkeitsstätte, ist der Abzug grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen
Fahrtkosten möglich. Bei der ersten Tätigkeitsstätte handelt es sich um eine
betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer dauerhaft
zugeordnet ist.

Sachverhalt: Die Kläger waren
Ehegatten und als Beamte im Bereich der Ausbildung tätig. Zunächst arbeiteten
sie in F-Stadt (Klägerin) und H-Stadt (Kläger). Beide bewarben sich mit Erfolg
um eine Dozentenstelle in T-Stadt. Die Klägerin wurde ab 2012 für vier Jahre
nach T-Stadt versetzt, der Kläger ab 2013 ebenfalls für vier Jahre. Vor Ablauf
der vier Jahre wurde der Verwendungszeitraum bei beiden um jeweils zwei Jahre
und anschließend nochmal um jeweils zwei Jahre verlängert. Im Ergebnis war die
Klägerin von 2012 bis 2022 und der Kläger von 2013 bis 2023 in T-Stadt als
Dozent tätig. Beide Kläger machten für ihre Fahrten von ihrem Wohnort nach
T-Stadt die tatsächlichen Fahrtkosten im Streitjahr 2020 geltend, die das
Finanzamt nicht anerkannte.

Entscheidung: Das Finanzgericht
(FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die Kläger waren nicht auf die Entfernungspauschale
    beschränkt, da sie im Streitjahr 2020 keine erste Tätigkeitsstätte hatten. Sie
    konnten daher die tatsächlichen Fahrtkosten geltend machen.

  • Ihr Einsatzort in T-Stadt stellte keine erste Tätigkeitsstätte
    dar, weil die Kläger von ihrem Dienstherrn nicht dauerhaft der Dienststelle in
    T-Stadt zugeordnet worden sind. Die Versetzung war nämlich jeweils zunächst nur
    auf vier Jahre und anschließend auf zwei Jahre beschränkt. Nach dem Gesetz ist
    von einer dauerhaften Zuordnung jedoch insbesondere nur dann auszugehen, wenn
    der Arbeitnehmer unbefristet oder über einen Zeitraum von vier Jahren hinaus
    tätig werden soll. Die Versetzungen waren vorliegend jedoch auf genau vier bzw.
    auf zwei Jahre beschränkt.

  • Zwar gibt es auch andere gesetzliche Regelungen, aus denen
    sich eine dauerhafte Zuordnung ergibt; diese Regelungen waren im Streitfall
    aber ebenfalls nicht gegeben. So kann sich eine dauerhafte Zuordnung daraus
    ergeben, dass der Arbeitnehmer dauerhaft typischerweise arbeitstäglich tätig
    werden soll oder je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein
    Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll. Ob dies
    der Fall ist, bestimmt sich aus der damaligen Sicht, d.h. zu Beginn des
    Versetzungszeitraums, der bei der Klägerin im Jahr 2012 und beim Kläger im Jahr
    2013 begann. Weder im Jahr 2012 bei der Klägerin noch im Jahr 2013 beim Kläger
    war absehbar, dass beide Kläger dauerhaft in T-Stadt arbeiten
    würden.

Hinweise: Der Fall, der aus
Nordrhein-Westfalen stammt, weist die Besonderheit auf, dass der Dienstherr der
Kläger in einem Erlass festgelegt hatte, dass Dozenten maximal für vier Jahre
an einem Ort tätig werden sollten. Daher wurden die Versetzungen im Streitfall
zeitlich auf maximal vier Jahre befristet. Faktisch handelte es sich damit um
Abordnungen, da diese befristet sind, während Versetzungen grundsätzlich
unbefristet erfolgen. Aufgrund der mehrfachen Verlängerung im Streitfall kann
man von sog. Ketten-Abordnungen sprechen.

Quelle: FG Münster, Urteil vom 2.9.2024 – 15 K 698/22 E;
NWB