Wertet das Finanzamt eine
Mitteilung der Krankenversicherung über die gezahlten
Krankenversicherungsbeiträge falsch aus, indem es die
Krankenversicherungsbeiträge beim falschen Steuerpflichtigen abzieht, kann es
diesen fehlerhaften Bescheid ändern und den Sonderausgabenabzug rückgängig
machen. Das Gesetz lässt eine solche Änderung nach fehlerhafter
Berücksichtigung übermittelter Krankenversicherungsdaten zu.
Hintergrund: Das
Finanzamt erhält von Dritten wie z.B. Krankenversicherungen oder Rententrägern
jährliche Mitteilungen über steuerlich relevante Daten, z.B.
Versicherungsbeiträge. Bei der Übermittlung oder Auswertung kann es zu Fehlern
kommen. Nach dem Gesetz ist ein Steuerbescheid zu ändern oder aufzuheben,
soweit die von dem Dritten an das Finanzamt übermittelten Daten nicht oder
nicht zutreffend berücksichtigt wurden.
Sachverhalt: Die Klägerin
war die Mutter eines minderjährigen Sohns S. Der Vater ihres Sohns war V, mit
dem sie nicht verheiratet war. Beide wurden beim selben Veranlagungsplatz im
Finanzamt geführt. V zahlte die Krankenversicherungsbeiträge für S. Die
Krankenversicherung übermittelte Anfang 2018 dem Finanzamt die Daten zu den von
V für S gezahlten Krankenversicherungsbeiträgen für 2017. Neben den Angaben zu
S und den Beiträgen enthielt die Mitteilung auch die Angaben zu V, der die
Beiträge gezahlt hatte. Diese Mitteilung gelangte zu den Steuerakten der
Klägerin. Im Rahmen einer anderweitig erforderlichen Änderung berücksichtigte
das Finanzamt die von V gezahlten Krankenversicherungsbeiträge zu Unrecht als
Sonderausgaben der Klägerin. Das Finanzamt bemerkte seinen Fehler und änderte
am 3.6.2019 den Bescheid der Klägerin, indem es die
Krankenversicherungsbeiträge bei ihr nicht mehr als Sonderausgaben
berücksichtigte. Gegen diesen Änderungsbescheid wehrte sich die Klägerin.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
-
Materiell-rechtlich durften
die Krankenversicherungsbeiträge nur bei V als Sonderausgaben abgezogen werden,
da nur V die Beiträge gezahlt hat und nicht die Klägerin. -
Der Bescheid der Klägerin
durfte durch den Bescheid vom 3.6.2019 geändert werden. Denn das Finanzamt hat
die von der Krankenversicherung übermittelten Beitragsdaten nicht zutreffend
ausgewertet. Zwar bezieht sich der Wortlaut des Gesetzes nur auf die
unzutreffende Auswertung bestimmter Daten, nicht aber z.B. auf die
Identifikationsnummer des Versicherungsnehmers oder auf die Höhe der
geleisteten Beiträge; richtigerweise bezieht sich die Änderungsnorm aber auf
alle steuerlichen Daten, die von einem Dritten an das Finanzamt zu übermitteln
sind.
Hinweise: Es blieb
unklar, weshalb der von der Krankenversicherung übermittelte Datensatz in die
Steuerakten der Klägerin gelangt ist. Möglicherweise war für den Fehler
mitursächlich, dass sowohl die Klägerin als auch der V im selben
Veranlagungsplatz geführt wurden. Allerdings sollen bei einer elektronischen
Übermittlung gerade solche Fehler vermieden werden; deshalb ist in den zu
übermittelnden Datensätzen z.B. auch die Identifikationsnummer des
Steuerpflichtigen anzugeben, um eine Verwechselung oder fehlerhafte Zuordnung
auszuschließen.
Im Streitfall erfolgte die Änderung
des Steuerbescheids zuungunsten der Klägerin. Die hier streitige
Korrekturvorschrift ermöglicht aber auch eine Änderung zugunsten des
Steuerpflichtigen, falls sich die unzutreffende Berücksichtigung der Daten
zuungunsten des Steuerpflichtigen ausgewirkt hat.
BFH, Urteil v. 8.9.2021 – X R 5/21;
NWB
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