Hat der Arbeitgeber vor dem 1.1.2005 seinem Arbeitnehmer eine
Direktversicherungszusage erteilt und schließt er nach dem 1.1.2005 für diesen
Arbeitnehmer eine weitere Direktversicherung bei einer anderen Versicherung ab,
ist zu prüfen, ob es sich bei der weiteren Direktversicherung um eine sog.
Neuzusage handelt, für die die seit dem 1.1.2005 geltenden steuerlichen
Regelungen greifen, oder ob es sich nur um eine Änderung der bereits vor dem
1.1.2005 erteilten Versorgungszusage handelt, die den bis zum 31.12.2004
geltenden steuerlichen Regelungen unterliegt. Um eine Neuzusage handelt es
sich, wenn insgesamt zwei selbständige Versorgungserklärungen erteilt worden
sind.
Hintergrund: Die betriebliche
Altersversorgung wird steuerlich begünstigt, indem z.B. steuerfreie Leistungen
möglich sind oder eine pauschale Lohnsteuer in Betracht kommt. Zum 1.1.2005
wurde die Besteuerung der betrieblichen Altersversorgung umgestellt. So entfiel
die Möglichkeit einer Pauschalbesteuerung für Direktversicherungszusagen, die
ab 1.1.2005 erteilt wurden; dafür wurden Direktversicherungszusagen, die ab
1.1.2005 erteilt wurden, in die steuerliche Förderung für den Aufbau einer
kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung einbezogen, für die unter
bestimmten Voraussetzungen eine Steuerbefreiung gewährt wird.
Sachverhalt: Der Kläger war
Arbeitnehmer. Sein Arbeitgeber erteilte ihm 1997 eine betriebliche
Altersversorgungszusage in Gestalt einer Direktversicherung, die bei der
A-Versicherung abgeschlossen wurde. Der Arbeitgeber versteuerte die
Versicherungsbeiträge nach der damals geltenden Regelung pauschal. Im Jahr 2014
kündigte der Arbeitgeber dem Kläger. Der Kläger klagte hiergegen, und es kam zu
einem Vergleich. Der Arbeitgeber verpflichtete sich, eine Abfindung an den
Kläger zu zahlen und einen Teilbetrag hiervon in eine Direktversicherung bei
der B-Versicherung einzuzahlen. Der Kläger ging davon aus, dass diese
Einzahlung nach dem seit 1.1.2005 geltenden Recht steuerfrei sei; das Finanzamt
nahm jedoch eine einheitliche Direktversicherungszusage aus dem Jahr 1997 an,
für die eine Steuerfreiheit nicht greife.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage grundsätzlich statt:
-
Der Arbeitgeber hat insgesamt zwei Direktversicherungszusagen
erteilt, nämlich eine sog. Altzusage vor dem 1.1.2005, die über die
A-Versicherung abgewickelt wurde, sowie eine sog. Neuzusage nach dem
31.12.2004, die über die B-Versicherung abgewickelt wurde. Für die Neuzusage
gilt grundsätzlich die zum 1.1.2005 eingeführte Regelung zur Steuerfreiheit. -
Der Abschluss der Direktversicherung bei der B-Versicherung
war keine bloße Änderung der bereits 1997 erteilten Versorgungszusage. Denn
dieser Abschluss beruhte auf dem arbeitsgerichtlichen Vergleich im Jahr 2014
und damit auf einem neuen Verpflichtungsgrund. Die Verpflichtung aus dem Jahr
2014 wies keinen Bezug zu der bereits 1997 erteilten Zusage auf. -
Unbeachtlich ist, dass die Direktversicherung bei der
B-Versicherung dieselben biometrischen Risiken abdeckte wie die
Direktversicherung bei der A-Versicherung aus dem Jahr 1997. Zwar spricht eine
Erweiterung um ein weiteres biometrisches Risiko für eine Neuzusage; aber dabei
handelt es sich nur um ein Indiz, so dass auch ohne Erweiterung der
biometrischen Risiken eine Neuzusage vorliegen kann.
Hinweise: Der BFH widerspricht
der Auffassung der Finanzverwaltung, die ohne Erweiterung der biometrischen
Risiken von einer bloßen Änderung der bisherigen Versorgungszusage ausgeht,
selbst wenn die neue Direktversicherung bei einem anderen
Versicherungsunternehmen abgeschlossen wird.
Der BFH hat die Sache an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen,
das nun die Steuerfreiheit der Höhe nach überprüfen muss.
BFH, Urteil v. 1.9.2021 – VI R 21/19; NWB
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