Die Bundesregierung hat beschlossen, den gesetzlichen Zinssatz von
6 % für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen rückwirkend für
Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 auf 1,8 % jährlich herabzusetzen, und einen
entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Über diesen Gesetzentwurf muss nun der
Bundestag beraten und entscheiden.

Hintergrund: Steuernachzahlungen
und -erstattungen werden grundsätzlich mit Beginn von 15 Monaten nach Ablauf
des Veranlagungszeitraums verzinst; in der Corona-Krise ist dieser Beginn
vorübergehend verschoben worden. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat
entschieden, dass der Zinssatz von 6 % für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019
verfassungswidrig ist und durch einen neuen Zinssatz ersetzt werden muss, den
der Gesetzgeber bis zum 31.7.2022 regeln muss.

Geplantes Gesetz der
Bundesregierung
: Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht
als Reaktion auf die Entscheidung des BVerfG folgende Regelungen vor:

  • Rückwirkend für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 soll ein
    Zinssatz von 1,8 % jährlich (= 0,15 % monatlich) gelten und nicht mehr der
    bisherige Zinssatz von 6 % jährlich (= 0,5 % monatlich).

    Hinweis: Für die Umstellung
    der Berechnungsprogramme erhalten die Finanzämter aber ausreichend Zeit. Bis
    die neuen Zinsberechnungsprogramme einsetzbar sind, können die
    Zinsfestsetzungen für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 vorläufig ausgesetzt
    werden; die Festsetzung wird dann nachgeholt, sobald die Berechnungsprogramme
    eingesetzt werden können.

  • Beginnt der Verzinsungszeitraum vor dem 1.1.2019, werden zwei
    unterschiedliche Zinssätze angewendet: für den Verzinsungszeitraum bis zum
    31.12.2018 der Zinssatz von 6 % jährlich und für den Verzinsungszeitraum ab
    1.1.2019 der neue Zinssatz von 1,8 %. Der Zinslauf wird dann in zwei
    Teilverzinsungszeiträume aufgeteilt. Für die Teilverzinsungszeiträume werden
    die Zinsen jeweils tageweise berechnet.

  • Spätestens zum 1.1.2026 soll der neue jährliche Zinssatz von
    1,8 % überprüft und ggf. angepasst werden.

  • Die Evaluierung soll mindestens alle drei Jahre stattfinden,
    so dass es künftig regelmäßig zu Anpassungen des Zinssatzes kommen kann.

  • Nachzahlungszinsen können künftig kraft Gesetzes erlassen
    werden, wenn der Steuerpflichtige freiwillig Steuerzahlungen geleistet hat,
    bevor es zu einer Festsetzung gekommen ist. Es muss aber tatsächlich eine
    Festsetzung erfolgen, so dass das Finanzamt nicht als „Sparkasse“
    benutzt werden kann.

    Hinweis: Bisher war ein
    solcher Erlass zwar auch möglich, aber er erfolgte aufgrund einer allgemeinen
    Verwaltungsauffassung. Künftig gibt es für den Erlass nun eine spezielle
    gesetzliche Regelung, die auch gerichtlich durchsetzbar ist und die auch bei
    der Gewerbesteuer gilt, die von den Gemeinden erhoben wird.

  • Die sich aufgrund der Neuregelung ergebenden
    Nachzahlungszinsen dürfen wegen des Grundsatzes des Vertrauensschutzes die
    bisher festgesetzten Zinsen nicht übersteigen.

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Hinweise: Für
Verzinsungszeiträume bis zum 31.12.2018 bleibt es beim Zinssatz von 6 %
jährlich.

Eine Änderung des Zinssatzes von 6 % für andere
Verzinsungstatbestände ist nach dem Regierungsbeschluss nicht vorgesehen. Damit
würde es bei der Stundung, der Aussetzung der Vollziehung oder bei der
Steuerhinterziehung beim bisherigen Zinssatz von 6 % jährlich bleiben;
allerdings ergibt sich insoweit eine Auswirkung, als auf diese Zinsen
Nachzahlungszinsen angerechnet werden und diese Anrechnung nun geringer
ausfällt.

Ebenso wenig ist eine Änderung der Höhe des Säumniszuschlags von 12
% jährlich vorgesehen, obwohl in dem Säumniszuschlag ein Zinsanteil enthalten
ist. Zudem gibt es noch im Bereich der Bilanzierung oder Bewertung Zinssätze
von 6 % oder 5,5 %, die durch das aktuellen Gesetzesvorhaben nicht geändert
werden sollen.

Sind für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 bereits
Erstattungszinsen in Höhe von 6 % festgesetzt worden, bevor das BVerfG
entschieden hatte, kann das Finanzamt diese für den Steuerpflichtigen günstige
Festsetzung nicht mehr zu seinen Lasten ändern, weil dies dem Grundsatz des
Vertrauensschutzes widersprechen würde. Dies ergibt sich nicht nur aus dem
allgemeinen Verfahrensrecht, sondern auch aus der Gesetzesbegründung.

Regierungsbeschluss zum „Zweiten Gesetzes zur Änderung der
Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ vom
30.3.2022; NWB