Ein Gebrauchtwagenhändler kann
seine Umsätze nicht der Differenzbesteuerung unterwerfen, wenn er nicht
nachweist, dass er die Kfz von einer Privatperson, einem Kleinunternehmer oder
von einem Unternehmer, der seinerseits die Differenzbesteuerung angewendet hat,
erworben hat. Auf Vertrauensschutz kann er sich nur berufen, wenn er bei Erwerb
der gebrauchten Kfz gutgläubig gewesen ist und alle Maßnahmen ergriffen hat, um
sicherzustellen, dass er sich nicht an einer Steuerhinterziehung
beteiligt.

Hintergrund: Bei der
Differenzbesteuerung unterliegt nur die Differenz zwischen Einkaufs- und
Verkaufspreis der Umsatzsteuer, also nicht der gesamte Netto-Verkaufserlös. Die
Differenzbesteuerung ist u.a. für Kfz-Händler möglich, die Gebrauchtwagen von
Privatpersonen – und damit ohne Umsatzsteuer – ankaufen und
anschließend an Privatpersonen verkaufen; zulässig ist die Differenzbesteuerung
auch dann, wenn der Kfz-Händler das Kfz von einem Kleinunternehmer erwirbt oder
wenn der Verkäufer die Differenzbesteuerung angewendet hat. Aufgrund der
Differenzbesteuerung mindert sich die Umsatzsteuer und damit der
Brutto-Endverkaufspreis für den privaten Käufer.

Sachverhalt: Der Kläger
war Gebrauchtwagenhändler und erwarb im Jahr 2014 29 Kfz von angeblichen
Privatverkäufern. Dabei wurden die üblichen Musterverträge für Privatpersonen
verwendet. Jedoch waren die Verkäufer nicht mit dem letzten eingetragenen
Kfz-Halter identisch, und dem Kläger wurde keine Verkaufsvollmacht des zuletzt
eingetragenen Kfz-Halters vorgelegt. Darüber hinaus erwarb der Kläger noch
weitere 22 Kfz, in denen jedoch die Fahrgestellnummern nicht stimmten und
deshalb nicht vom Kraftfahrtbundesamt ermittelt werden konnten. Der Kläger
wollte auf die Verkäufe sämtlicher Kfz die Differenzbesteuerung anwenden. Das
Finanzamt erkannte die Differenzbesteuerung nicht an.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die Differenzbesteuerung war
    nicht anwendbar, so dass aus den Brutto-Erlösen, die der Kläger beim Verkauf
    der Kfz erzielte, die Umsatzsteuer herauszurechnen und an das Finanzamt
    abzuführen war.

  • Der Kläger hatte die Kfz nicht
    von Privatpersonen erworben, sondern von Unternehmern. Zwar handelte es sich
    nach den Kaufverträgen um Verkäufe durch Privatpersonen. Tatsächlich waren die
    Verkäufer aber nicht mit dem jeweiligen letzten Kfz-Halter identisch. Auch
    waren die Fahrgestellnummern unzutreffend oder unvollständig. Daher lag der
    Schluss nahe, dass das Kfz von einer Privatperson an einen (Zwischen-)Händler
    verkauft worden war, der das Kfz dann als vermeintliche Privatperson an den
    Kläger verkaufte.

  • Es lagen auch keine
    Anhaltspunkte dafür vor, dass die Verkäufer der Kfz Kleinunternehmer waren.
    Hiergegen sprach, dass es sich nach den Kaufverträgen um Verkäufe von
    Privatpersonen handelte.

  • Ferner sprach nichts dafür,
    dass die Verkäufer ihrerseits die Differenzbesteuerung vorgenommen hatten. Denn
    in diesem Fall hätten sie Rechnungen an den Kläger ausstellen und hierin auf
    die Differenzbesteuerung hinweisen müssen.

  • Der Kläger konnte sich
    schließlich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da er nicht in gutem
    Glauben gehandelt hat. Der Kläger hat nämlich nicht alle Maßnahmen ergriffen,
    um sicherzustellen, dass er sich nicht an einer Steuerhinterziehung beteiligt.
    Da der Kläger die Verkäufer nicht kannte, hätte er nicht ohne weiteres auf ihre
    Behauptung, sie seien Privatverkäufer, vertrauen dürfen, sondern sich zumindest
    die Verkaufsvollmacht des Kfz-Halters vorlegen lassen.

Hinweise: Der BFH macht
deutlich, dass der Steuerpflichtige die materiellen Voraussetzungen einer für
ihn günstigen Regelung nachweisen muss. Es blieb im Streitfall zwar
letztendlich unklar, ob die Verkäufer Privatpersonen oder aber Zwischenhändler
waren; diese Ungewissheit ging aber zu Lasten des Klägers. Allein die
Verwendung von Musterverträgen für Privatpersonen genügt nicht für die
Anwendung der Differenzbesteuerung, wenn sich Ungereimtheiten herausstellen wie
z.B. die fehlende Identität zwischen dem Verkäufer und dem eingetragenen
Kfz-Halter.

Quelle: BFH, Urteil vom 11.12.2024
– XI R 15/21, nv; NWB