Die Grunderwerbsteuer für einen grunderwerbsteuerbaren Verkauf wird
aufgehoben, wenn der Verkauf innerhalb von zwei Jahren rückgängig gemacht wird
und der Verkauf innerhalb der gesetzlichen Anzeigefrist der
Grunderwerbsteuerstelle des Finanzamts angezeigt worden war. Dabei genügt es,
wenn der Notar den Verkauf innerhalb der für den Steuerschuldner geltenden
Anzeigefrist angezeigt hat.
Hintergrund: Die
Grunderwerbsteuer entsteht grundsätzlich mit Abschluss eines
Grundstückskaufvertrags oder bei einem Verkauf von Anteilen an einer
grundstücksbesitzenden Gesellschaft, wenn dadurch bestimmte Beteiligungsquoten
überschritten bzw. erreicht werden. Der Gesetzgeber lässt bei Rückgängigmachung
des Grundstückskaufvertrags innerhalb von zwei Jahren eine Aufhebung der
Grunderwerbsteuer zu. Die Grunderwerbsteuer kann aber nur dann aufgehoben
werden, wenn der Erwerbsvorgang fristgerecht, d.h. innerhalb von zwei Wochen,
und in allen Teilen vollständig angezeigt worden ist.
Sachverhalt: Die Klägerin war im
Jahr 2016 an einer grundbesitzenden GmbH mit 90,1 % beteiligt. Weitere
Gesellschafterin war eine AG mit einer Beteiligung von 9,9 %. Mit notariellem
Vertrag vom 22.12.2016 verkaufte die AG ihre Beteiligung an der GmbH an die
Klägerin; dieser Verkauf war grunderwerbsteuerbar. Der Verkauf musste aber noch
von einem weiteren Vorstandsmitglied der AG genehmigt werden. Die Genehmigung
wurde am 23.12.2016 erteilt und ging am 30.12.2016 beim Notar ein. Der Notar
übersandte eine Veräußerungsanzeige an das für die Körperschaftsteuer
zuständige Finanzamt, das die Unterlagen an das für die Grunderwerbsteuer
zuständige Finanzamt weiterleitete, wo sie am 12.1.2017 eingingen. Das
Finanzamt setzte daraufhin Grunderwerbsteuer fest. Am 12.6.2018 wurde der
Anteilsverkauf rückgängig gemacht. Die Klägerin beantragte die Aufhebung der
Grunderwerbsteuer; das Finanzamt lehnte dies ab, weil der Anteilsverkauf vom
22.12.2016 nicht innerhalb von zwei Wochen angezeigt worden sei.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) hob die Grunderwerbsteuer auf und gab der Klage
statt:
-
Eine Aufhebung der Grunderwerbsteuer ist nicht nur bei der
Rückgängigmachung eines Grundstückskaufvertrags, sondern auch bei der
Rückgängigmachung eines Anteilskaufvertrags möglich. -
Entgegen der Auffassung des Finanzamts ist der Anteilsverkauf
vom 22.12.2016 fristgerecht, d.h. innerhalb von zwei Wochen, und vollständig
angezeigt worden. Es genügt nämlich, wenn einer von mehreren
Anzeigeverpflichteten (Notar oder Steuerschuldner) der Anzeigepflicht
ordnungsgemäß und fristgerecht nachkommt. -
Zwar hat der Notar seine eigene Anzeigepflicht nicht
fristgerecht erfüllt; denn er hätte innerhalb von zwei Wochen, nach dem
22.12.2016, dem für die Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzamt die
Veräußerungsanzeige übersenden müssen; dort ist sie aber erst am 12.1.2017 und
damit nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist eingegangen. Jedoch hat der Notar die
Anzeigepflicht der Klägerin erfüllt; denn für die Klägerin begann die
Zwei-Wochen-Frist erst mit der Kenntnisnahme von der am 30.12.2016 beim Notar
eingegangenen Genehmigung des Vertrags durch das weitere Vorstandsmitglied. Mit
dem Eingang der Veräußerungsanzeige am 12.1.2017 bei dem für die
Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzamt ist die Anzeige damit innerhalb der für
die Klägerin als Steuerschuldnerin geltenden Anzeigefrist eingegangen.
Hinweise: Im Ergebnis hat der
Notar die Anzeigepflicht der Klägerin innerhalb der für die Klägerin geltenden
Anzeigefrist erfüllt. Dies war möglich, weil es zwei
unterschiedliche Anzeigepflichten gab, die zu
unterschiedlichen Zeitpunkten begannen, nämlich für den Notar mit dem
Anteilskaufvertrag und für die Klägerin mit der Kenntnisnahme von der
Genehmigung durch das Vorstandsmitglied. Dies wäre beinahe noch schiefgegangen,
weil der Notar die Veräußerungsanzeige an das falsche Finanzamt übersandt hat,
nämlich an das für die Körperschaftsteuer zuständige Finanzamt; es genügte
jedoch, dass dieses die Anzeige an das Grunderwerbsteuer-Finanzamt
weiterleitete und die Anzeige dort vor Ablauf der Frist einging.
Die Erfüllung der Anzeigepflicht als Voraussetzung für die
Aufhebung der Grunderwerbsteuer soll dem Anreiz entgegenwirken, die Anzeige zu
unterlassen und damit einer Besteuerung des Grundstückskaufvertrags oder
Anteilskaufvertrags zu entgehen.
Quelle: BFH, Urteil vom 21.6.2023 – II R 2/21; NWB
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