Ein GmbH-Geschäftsführer haftet für die von der GmbH nicht
entrichteten Betriebssteuern, wenn er nur als Strohmann eingesetzt war und den
faktischen Geschäftsführer, der fehlerhafte Steuererklärungen veranlasst hat,
nicht überwacht hat. Diese Haftung besteht auch dann, wenn der Geschäftsführer
aufgrund seiner persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage gewesen sein sollte,
den faktischen Geschäftsführer zu überwachen bzw. den Aufgaben eines
Geschäftsführers nachzukommen; der Geschäftsführer hätte dann nämlich den
Posten des Geschäftsführers gar nicht erst annehmen dürfen oder aber
niederlegen müssen.

Hintergrund: Nach dem Gesetz
haftet der Geschäftsführer einer GmbH, soweit Steuern der GmbH infolge
vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der dem Geschäftsführer
auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt
werden.

Sachverhalt: Der Kläger war
Geschäftsführer der A-GmbH. Faktischer Geschäftsführer der A-GmbH war
allerdings sein Sohn, der die Geschäftsführung tatsächlich wahrnahm. Der Sohn
des Klägers hatte im Zeitraum 2007 bis 2011 67 Scheinrechnungen als
Betriebsausgaben gebucht sowie weitere 34 Aufwandsbuchungen getätigt, für die
es keine Belege gab und für die ebenfalls keine Leistungen erbracht worden
waren. Die von der A-GmbH eingereichten Steuererklärungen für die Jahre 2007
bis 2011 waren dementsprechend fehlerhaft. Die Steuerfahndung deckte den
Sachverhalt auf und erließ gegenüber der A-GmbH Änderungsbescheide für den
Zeitraum 2007 bis 2011, die zu Steuernachzahlungen führten. Die A-GmbH zahlte
die Steuern nicht, sondern meldete im Jahr 2013 Insolvenz an. Das Finanzamt
nahm daraufhin den Kläger als Geschäftsführer für die nicht entrichteten
Steuern durch Haftungsbescheid in Anspruch und legte dabei eine Haftungsquote
von 82,39 % zugrunde.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage gegen den Haftungsbescheid ab:

  • Der Kläger durfte durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen
    werden. Er war Geschäftsführer der A-GmbH und damit für die Erfüllung der
    steuerlichen Pflichten der A-GmbH verantwortlich. Diese Pflichten hat er
    schuldhaft verletzt.

  • So hat der Kläger die Abgabe fehlerhafter Steuererklärungen
    für die Jahre 2007 bis 2011 zu verantworten. Und er hat die aus den späteren
    Änderungsbescheiden folgenden Steuern nicht aus den Mitteln der A-GmbH bezahlt.

  • Zwar muss ein Geschäftsführer die steuerlichen Pflichten nicht
    selbst erfüllen, sondern darf diese Aufgaben delegieren. Er muss dann aber die
    Person, die er mit der Erledigung der steuerlichen Aufgaben betreut, sorgfältig
    auswählen und laufend überwachen. Unterlässt er dies, trifft ihn ein
    Überwachungsverschulden. Je geringer die
    steuerliche Kenntnis des Geschäftsführers sind, desto gründlicher muss er die
    Person überwachen.

  • Der Kläger konnte sich nicht dadurch entschuldigen, dass er
    mit den Aufgaben eines Geschäftsführers überfordert war und z.B. keine
    ausreichenden EDV-Kenntnisse hatte, um die fehlerhafte Buchführung aufzudecken.
    Denn dann hätte er die Geschäftsführerposition gar nicht erst übernehmen dürfen
    oder jedenfalls umgehend niederlegen müssen.

Hinweise: Die weiteren
Voraussetzungen des Haftungsbescheids waren erfüllt. So war dem Finanzamt ein
Haftungsschaden entstanden, da die A-GmbH die Steuern, die sich aus den
Änderungsbescheiden ergeben hatten, nicht entrichtetet hatte. Auch die
Haftungsquote, bei der es um die Tilgungsquote geht, die bei Erfüllung der
steuerlichen Pflichten geleistet worden wäre, war mangels weiterer
Aufklärbarkeit des Sachverhalts nicht zu beanstanden.

Der BFH macht deutlich, dass ein GmbH-Geschäftsführer, der nur als
Strohmann agiert und einen faktischen Geschäftsführer agieren lässt, für die
betrieblichen Steuern der GmbH haftet. Er kann sich nicht auf das eigene
Unvermögen berufen, sondern muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er sich
auf die faktische Geschäftsführung durch einen anderen eingelassen
hat.

Sofern der Kläger eine Steuerhinterziehung begangen haben sollte,
hätte er auch als Steuerhinterzieher gehaftet, ohne dass es auf seine
Geschäftsführerposition angekommen wäre. Allerdings war das gegen den Kläger
eingeleitete Strafverfahren eingestellt worden.

Quelle: BFH, Urteil v. 15.11.2022 – VII R 23/19;
NWB