Werden ein Bankkredit vom Darlehensnehmer unter Hinweis auf eine
fehlerhafte Widerrufsbelehrung widerrufen und die Kreditauszahlung sowie die
Darlehens- und Zinszahlungen rückabgewickelt, kann die von der Bank geleistete
Rückzahlung zu steuerpflichtigen Kapitaleinkünften des Darlehensnehmers führen.
Dies ist der Fall, wenn es sich bei der Zahlung der Bank um Nutzungswertersatz
für die vom Darlehensnehmer erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen
handelt.
Hintergrund: Der
Bundesgerichtshof (BGH) hatte vor einigen Jahren die Widerrufsbelehrungen der
Banken als fehlerhaft eingestuft. Dies ermöglichte Darlehensnehmern, noch weit
nach Ablauf der (fehlerhaft) vereinbarten Widerrufsfrist einen Widerruf zu
erklären. Es kam dann zu einer Rückabwicklung der Darlehensbeziehung.
Sachverhalt: Die Kläger waren
Eheleute, die im Jahr 2004 ein Wohnungsbaudarlehen für ihr Einfamilienhaus über
197.000 € aufgenommen hatten. Nachdem der BGH seine Entscheidung zur
fehlerhaften Widerrufsbelehrung veröffentlicht hatte, erklärten die Kläger im
Jahr 2014 den Widerruf, so dass es zu einer Rückabwicklung kam. Die Kläger
machten dabei einen Zahlungsbetrag von ca. 77.000 € geltend, der sich
aus der Summe der von ihnen von 2004 bis zum Widerruf erbrachten Tilgungs- und
Zinsleistungen, den Zinsen hierauf und der nach dem Widerruf erfolgten
Darlehensrückzahlung abzüglich Darlehensvaluta und der Zinsen hierauf
zusammensetzte. Die Kläger einigten sich aber außergerichtlich mit der Bank auf
die Zahlung eines Betrags von 15.000 € durch die Bank. Die Bank zahlte
diesen Betrag im Jahr 2018 an die Kläger, behielt aber 25 % Kapitalertragsteuer
ein. Die Kläger machten in ihrer Steuererklärung geltend, dass es sich nicht um
Kapitalerträge gehandelt habe.
Entscheidung: Das Finanzgericht
Münster (FG) wies die Klage ab:
-
Bei der Vergleichssumme von 15.000 € handelte es sich um
Zinsen, die als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern sind. -
Die Kläger hatten aufgrund der von ihnen an die Bank im
Zeitraum 2004 bis 2014 gezahlten Tilgungen und Zinsen nicht nur einen Anspruch
auf Rückzahlung der Tilgungen und Zinsen, sondern hatten auch einen
Nutzungswertersatz hinsichtlich dieser Tilgungs- und Zinsleistungen. Bei diesem
Nutzungswertersatz handelt es sich um ein Entgelt für eine
Kapitalüberlassung. -
Unbeachtlich ist, dass die Kläger bei Aufnahme des Darlehens
überhaupt keine Absicht hatten, das Darlehen rückabzuwickeln. Ebenfalls kommt
es nicht darauf an, dass die Kläger keinen Überschuss erzielt haben; denn bei
einer Rückabwicklung stehen sich die einzelnen Ansprüche der Kläger als
Darlehensnehmer und der Bank als Darlehensgeberin selbständig
gegenüber. -
Den Klägern steht ein Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 1.602
€ für den Veranlagungszeitraum 2018 zu. Allerdings können sie nicht die
Werbungskosten der Jahre 2004 bis 2017 im Streitjahr 2018 geltend machen.
Hinweise: Für das FG spielte es
keine Rolle, dass das Darlehen das selbstbewohnte Haus der Kläger und damit den
Privatbereich betraf.
Beim Bundesfinanzhof (BFH) sind bereits mehrere Revisionen zu
Widerrufsfällen bei Bankdarlehen anhängig, so dass eine höchstrichterliche
Entscheidung noch aussteht. Tatsächlich sollte der Ansatz von Kapitaleinkünften
in derartigen Fällen nicht akzeptiert, sondern Einspruch eingelegt werden. Denn
zum einen fehlt es an einer bewussten Kapitalüberlassung der Darlehensnehmer,
da sie ihre Zinsen und Tilgungen dauerhaft an die Bank zahlen wollten. Zum
anderen erscheint es zweifelhaft, dass die Vergleichssumme von 15.000 €
nur Nutzungswertersatz sein sollte. Schließlich ist es bedenklich, dass die
Darlehensnehmer Zinsen versteuern müssen, obwohl sie per Saldo keinen
Überschuss erwirtschaftet haben.
FG Münster, Urteil v. 13.1.2022 – 3 K 2991/19 E;
NWB
Neueste Kommentare