Nach bestandskräftiger Veranlagung hat der Steuerpflichtige keinen
Anspruch mehr auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung auf Akteneinsicht in
die Steuerakten, wenn die Einsicht dazu dient, Schadensersatzansprüche gegen
den früheren Steuerberater geltend zu machen. Der Steuerpflichtige hat aber
einen Anspruch auf Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten.

Hintergrund: Im Veranlagungs-
und Einspruchsverfahren besteht kein Anspruch auf Akteneinsicht, sondern nur
ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung.

Sachverhalt: Die Kläger sind
Eheleute und wurden für das Jahr 2015 veranlagt; der Bescheid war mit einem
Vorläufigkeitsvermerk versehen. Nach Bestandskraft der Bescheide, d.h. nach
Ablauf der Einspruchsfrist, beantragten sie beim Finanzamt die Einsicht in ihre
Steuerakten. Sie machten geltend, dass sie gegen ihren früheren Steuerberater
Schadensersatzansprüche prüfen wollten. Das Finanzamt lehnte eine Akteneinsicht
ab. Während des Klageverfahren beim Finanzgericht (FG) beantragten die Kläger
auch eine Auskunft nach datenschutzrechtlichen Vorschriften; diesem Antrag gab
das FG ebenso statt wie dem allgemeinen Antrag auf Akteneinsicht. Gegen das
Urteil legte das Finanzamt Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) ein.

Entscheidung: Der BFH lehnte ein
allgemeines Akteneinsichtsrecht ab, bestätigte aber einen Auskunftsanspruch
nach datenschutzrechtlichen Vorschriften:

  • Das Gesetz sieht weder im Veranlagungsverfahren noch im
    Einspruchsverfahren einen Anspruch auf Einsicht in die Steuerakten vor.

  • Es gibt nur einen Anspruch auf
    ermessensfehlerfreie Entscheidung
    , Akteneinsicht zu gewähren.
    Dieser Anspruch besteht allerdings nur während des Veranlagungs- und
    Einspruchsverfahrens. Im Streitfall war das Veranlagungsverfahren jedoch schon
    beendet, und es gab kein Einspruchsverfahren. Dass der Bescheid für 2015
    vorläufig war, genügt nicht, zumal die Kläger nicht vorgetragen haben, dass sie
    die Akteneinsicht benötigen, um den Vorläufigkeitsvermerk zu überprüfen.

  • Ein Anspruch auf Akteneinsicht ergibt sich auch nicht aus Treu
    und Glauben. Die Kläger können vom Finanzamt keine Treuepflicht einfordern, sie
    bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber ihrem früheren
    Steuerberater zu unterstützen.

  • Allerdings haben die Kläger einen Auskunftsanspruch nach
    datenschutzrechtlichen Vorschriften, der darauf gerichtet ist, eine Bestätigung
    über die personenbezogenen Daten zu erlangen, die das Finanzamt verarbeitet
    hat.

Hinweise: Der
datenschutzrechtliche Anspruch dürfte den Klägern wenig nutzen, wenn sie
Ansprüche gegen ihren früheren Steuerberater geltend machen wollen. Denn sie
erfahren nur, welche personenbezogenen Daten das Finanzamt verarbeitet hat.
Soweit sie auf der Grundlage dieses Auskunftsanspruchs noch eine Kopie von
Auszügen einzelner Dokumente aus den Steuerakten erlangen wollen, müssten sie
darlegen, welche konkreten Datenschutzrechte sie ausüben
wollen
und weshalb hierfür Kopien von Akten mit
personenbezogenen Daten erforderlich sind.

Im Klageverfahren gibt es nach dem Gesetz einen Anspruch auf
Einsicht in die Steuerakten.

Quelle: BFH, Urteil vom 7.5.2024 – IX R 21/22; NWB