Die für Forst- und Landwirte
mögliche Durchschnittssatzbesteuerung gilt nur für die Lieferung
landwirtschaftlicher Erzeugnisse sowie für landwirtschaftliche
Dienstleistungen, nicht aber für die Lieferung landwirtschaftlicher Maschinen.
Derartige Hilfsumsätze unterliegen grundsätzlich der Regelbesteuerung von 19 %.
Hintergrund: Landwirte,
deren Umsatz im Vorjahr 600.000 € nicht überschritten hat, können die
sog. Durchschnittssatzbesteuerung anwenden. Ihre Leistungen unterliegen dann
einer Umsatzsteuer von aktuell 9 % (im Streitjahr 2010 waren es 10,7 %). Im
Gegenzug wird automatisch eine pauschale Vorsteuer von 9 % berücksichtigt (im
Streitjahr 2010 ebenfalls 10,7 %). Ein weiterer Vorsteuerabzug ist nach dem
Gesetz ausgeschlossen.
Sachverhalt: Die Klägerin
war eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die einen landwirtschaftlichen
Betrieb unterhielt und deren Gesellschafter K und H waren. Im Streitjahr 2010
vereinbarten K und H die Auflösung der Klägerin; die Wirtschaftsgüter sollten
auf K und H im Wege der sog. Realteilung übergehen. Die Klägerin stellte dem K
eine Rechnung über die ihm zugewiesenen Wirtschaftsgüter aus und wies dabei die
nach der Durchschnittssatzbesteuerung im Jahr 2010 geltende Umsatzsteuer von
10,7 % gesondert aus. Das Finanzamt ging zwar von einer nicht umsatzsteuerbaren
Geschäftsveräußerung aus (Übertragung eines Betriebs gegen Aufgabe von
Gesellschaftsanteilen), forderte von der Klägerin aber die in der Rechnung
ausgewiesene Umsatzsteuer, weil diese zu Unrecht ausgewiesen worden war.
Hiergegen klagte die Klägerin.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
-
Die Klägerin musste jedenfalls
nach der gesetzlichen Regelung über zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer die in
Rechnung gestellte Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Denn selbst wenn es
sich um eine Geschäftsveräußerung gehandelt haben sollte, die nach dem Gesetz
nicht umsatzsteuerbar gewesen wäre, wäre die Umsatzsteuer jedenfalls deshalb
entstanden, weil die Klägerin sie gesondert und – bei fehlender
Umsatzsteuerbarkeit wegen einer Geschäftsveräußerung – unberechtigt
ausgewiesen hat. -
Die Klägerin musste die von
ihr gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen, obwohl die
Klägerin aufgrund der Auflösung und Realteilung zivilrechtlich nicht mehr
existierte. Denn umsatzsteuerlich besteht sie so lange fort, wie das Finanzamt
noch Umsatzsteueransprüche gegen sie geltend macht. Daher kann sie sich jetzt
auch noch gerichtlich gegen die Umsatzsteuerfestsetzung wehren. -
Der Klägerin stand im Rahmen
der für Landwirte geltenden Durchschnittssatzbesteuerung kein automatischer
Vorsteuerabzug in Höhe von ebenfalls 10,7 % zu. Denn die
Durchschnittssatzbesteuerung gilt nur für die Lieferung landwirtschaftlicher
Erzeugnisse sowie für landwirtschaftliche Dienstleistungen, nicht aber für die
Lieferung landwirtschaftlicher Maschinen, wie sie im Streitfall an K erfolgt
ist. Damit scheidet der automatische Vorsteuerabzug in Höhe der Umsatzsteuer
für die Lieferung aus.
Hinweise: Bislang gab es
keine einheitliche Rechtsprechung des BFH zur Anwendbarkeit der
Durchschnittssatzbesteuerung auf sog. Hilfsumsätze, bei denen
landwirtschaftliche Maschinen geliefert werden. Bejaht man die Anwendbarkeit,
kann zum einen der niedrigere Umsatzsteuersatz von aktuell 9 % auf die
Lieferung angewendet und zum anderen in gleicher Höhe eine Vorsteuer abgezogen
werden, sodass sich für den Landwirt keine steuerliche Belastung ergibt. Der
BFH verneint die Anwendbarkeit aber, sodass die Lieferung landwirtschaftlicher
Maschinen außerhalb einer nicht umsatzsteuerbaren Geschäftsveräußerung dem
regulären Umsatzsteuersatz von 19 % unterliegt und kein automatischer
Vorsteuerabzug möglich ist.
Wechselt ein Land- oder Forstwirt
von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung, ist eine
Vorsteuerberichtigung zu seinen Gunsten möglich. Im Streitfall hätte sich
hieraus jedoch kein Klageerfolg für die Klägerin ergeben, da sie im Fall der
Regelbesteuerung ihre Rechnung an K mit einer Umsatzsteuer von 19 % anstatt von
10,7 % hätte ausstellen müssen.
Quelle: BFH, Urteil vom 17.8.2023
– V R 3/21; NWB
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