Flugunterricht, der dem Erwerb der Privatpilotenlizenz dient, ist
nicht umsatzsteuerfrei. Daher kann der Betreiber der Flugschule Vorsteuer
geltend machen.

Hintergrund: Der Vorsteuerabzug
eines Unternehmers setzt grundsätzlich voraus, dass er umsatzsteuerpflichtige
Leistungen erbringt. Bildungsleistungen sind unter bestimmten Voraussetzungen
umsatzsteuerfrei, insbesondere der Schul- und Hochschulunterricht sowie die
Aus- und Fortbildung. Der Vorsteuerabzug besteht im Fall der
Umsatzsteuerfreiheit nicht.

Wird ein Wirtschaftsgut zunächst für umsatzsteuerpflichtige Umsätze
verwendet, aber innerhalb von fünf Jahren für umsatzsteuerfreie Umsätze
eingesetzt, wird der Vorsteuerabzug zu Ungunsten des Klägers berichtigt, und
zwar für jedes Jahr der umsatzsteuerfreien Verwendung im Umfang von 1/5.
Entsprechendes gilt im umgekehrten Fall, so dass es bei einem Wechsel von der
umsatzsteuerfreien Verwendung zur umsatzsteuerpflichtigen Verwendung zu einer
Vorsteuerberichtigung zu Gunsten des Unternehmers kommt.

Sachverhalt: Der Kläger war ein
gemeinnütziger Luftsportverein. Er kaufte im Jahr 2015 ein einmotoriges
Flugzeug, das er seinen Mitgliedern gegen Entgelt überließ. In den Streitjahren
2016 und 2017 nutzte der Kläger das Flugzeug für die Ausbildung von
Flugschülern, die eine Privatpilotenlizenz erwerben wollten. Seine Rechnungen
an die Flugschüler teilte er auf in ein Entgelt für die Überlassung des
Flugzeugs, das er dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterwarf, und in ein
Entgelt für den eigentlichen Flugunterricht, das er als umsatzsteuerfrei
behandelte. Das Finanzamt sah in dem Flugunterricht eine einheitliche Leistung,
die insgesamt umsatzsteuerfrei war, und versagte daher den Vorsteuerabzug aus
dem Erwerb des Flugzeugs, indem es den Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des
Flugzeugs im Vorjahr im Umfang von 1/5 zu Lasten des Klägers berichtigte.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage im Grundsatz statt und verwies die Sache
zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück:

  • Der Kläger erbrachte mit dem Flugunterricht eine einheitliche
    Leistung, die sich aus der Überlassung des Flugzeugs für die Dauer der
    Flugstunde und dem eigentlichen Unterricht zusammensetzte.

  • Der Flugunterricht war nicht
    umsatzsteuerfrei
    , sondern umsatzsteuerpflichtig, weil es sich
    nicht um Schul- oder Hochschulunterricht handelte. Schul- oder
    Hochschulunterricht dient der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten
    bezüglich eines breiten und vielfältigen Stoffspektrums sowie der Vertiefung
    und Entwicklung dieser Kenntnisse. Zum umsatzsteuerfreien
    Unterricht gehört jrdoch nicht der „spezialisierte“
    Unterricht
    wie z.B. Fahrunterricht oder Segelunterricht. Auch
    Flugunterricht ist spezialisierter Unterricht, da es nicht um die
    Wissensvermittlung in einem breiten und vielfältigen Spektrum von Stoffen geht.

  • Bei dem Flugunterricht handelte es sich auch nicht um Aus-
    oder Fortbildung. Denn der Erwerb der Privatpilotenlizenz ermöglicht nicht das
    Fliegen von Verkehrsflugzeugen. Die Privatpilotenlizenz wird nur von
    Hobbypiloten benötigt.

  • Zwar sind Leistungen privater Schulen und anderer
    allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen auch dann
    umsatzsteuerfrei, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass die
    Schule bzw. Einrichtung auf einen Beruf oder auf eine Prüfung, die vor einer
    juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegen ist, vorbereitet; eine
    entsprechende Bescheinigung lag jedoch nicht vor.

Hinweise: Mangels
Umsatzsteuerfreiheit stand damit dem Kläger der Vorsteuerabzug zu, so dass eine
Vorsteuerberichtigung zu Ungunsten des Klägers ausschied. Die abziehbaren
Vorsteuerbeträge wurden bislang noch nicht überprüft, so dass das FG nun die
Höhe der abziehbaren Vorsteuerbeträge ermitteln muss.

Das FG muss außerdem prüfen, ob der ermäßigte Umsatzsteuersatz für
gemeinnützige Vereine zu Recht angewendet worden ist.

Der Gesetzgeber hat ab 2025 die Bildungsleistungen neu geregelt,
allerdings im Ergebnis wohl nur eine Anpassung an das europäische
Mehrwertsteuerrecht vorgenommen; die konkreten Auswirkungen der
Gesetzesänderung sind noch unklar. Jedenfalls bleibt das sog.
Bescheinigungsverfahren erhalten, nach dem die zuständigen Landesbehörde
bescheinigt, dass die Schule bzw. Einrichtung auf einen Beruf oder auf eine
Prüfung, die vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegen
ist, vorbereitet.

Quelle: BFH, Urteil vom 13.11.2024 – XI R 31/22;
NWB