Die grunderwerbsteuerliche
Konzernklausel führt bei einer Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf die
Muttergesellschaft zur Steuerbefreiung, wenn die Muttergesellschaft seit
mindestens fünf Jahren zu mindestens 95 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt
war. Es ist unbeachtlich, ob die Muttergesellschaft von einer weiteren
Gesellschaft beherrscht wird und ob insoweit die gesetzlichen Vor- und
Nachbehaltensfristen eingehalten werden.

Hintergrund: Bestimmte
Umwandlungsvorgänge sind grunderwerbsteuerfrei, wenn sie innerhalb eines
Konzerns erfolgen (sog. Konzernklausel). Voraussetzung für das Vorliegen eines
Konzerns ist u.a., dass es ein beherrschendes Unternehmen gibt, das zu
mindestens 95 % innerhalb von fünf Jahren vor dem Umwandlungsvorgang
(Vorbehaltensfrist) und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang (Nachbehaltensfrist)
unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 95 % ununterbrochen an dem anderen
Unternehmen, das am Umwandlungsvorgang mitwirkt, beteiligt ist.

Sachverhalt: Im
Streitfall gab es eine mehrstufige Beteiligungsstruktur: An der Spitze stand
die F-AG, die zu 100 % an der E-GmbH beteiligt war. Die E-GmbH war zu 100 % an
der Klägerin beteiligt, die ihrerseits an der D-GmbH beteiligt war, die
Grundstücke hielt. Die Beteiligungsverhältnisse bestanden seit mehr als fünf
Jahren. Im August 2011 wurde die D-GmbH mit ihren Grundstücken auf die Klägerin
verschmolzen. Das Finanzamt gewährte zunächst die Steuerbefreiung aufgrund der
Konzernklausel. Im Jahr 2013 veräußerte die F-AG 26,8 % ihrer Anteile an der
E-GmbH an einen Dritten. Das Finanzamt sah hierin einen Verstoß gegen die
fünfjährige Nachbehaltensfrist und machte die Steuerbefreiung rückgängig.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die Voraussetzungen der
    Konzernklausel lagen vor. Es handelte sich bei der Verschmelzung um einen vom
    Gesetz begünstigten Umwandlungsvorgang.

  • Die fünfjährige
    Vorbehaltensfrist war erfüllt, da die Klägerin seit mindestens fünf Jahren zu
    mindestens 95 % an der D-GmbH beteiligt war. Tatsächlich betrug die Beteiligung
    sogar 100 %.

  • Die gesetzliche
    Nachbehaltensfrist von fünf Jahren war zwar vom Wortlaut der einschlägigen
    Vorschrift her nicht erfüllt, weil es infolge der Verschmelzung der D-GmbH auf
    die Klägerin im Jahr 2011 keine D-GmbH mehr gab, an der die Klägerin noch zu
    mindestens 95 % für mindestens fünf Jahre hätte beteiligt sein können. Dies ist
    bei einer Verschmelzung aber unschädlich, weil die
    Nachbehaltensfrist aufgrund des Erlöschens der umgewandelten
    Gesellschaft tatsächlich nicht eingehalten
    werden
    kann.

  • Unbeachtlich ist, dass die
    F-AG während der fünfjährigen Nachbehaltensfrist nicht zu mindestens 95 %
    mittelbar an der Klägerin beteiligt war. Denn die F-AG war an dem
    Umwandlungsvorgang nicht beteiligt. Dieser vollzog sich nur zwischen der
    Klägerin und der D-GmbH.

Hinweise: Bei
mehrstufigen Beteiligungen ist es nach dem aktuellen Urteil unerheblich, ob das
herrschende Unternehmen selbst von einem oder weiteren Unternehmen abhängig
ist. Es kommt hinsichtlich der Einhaltung der Vorbehaltens- und
Nachbehaltensfristen nur auf die am Umwandlungsvorgang beteiligten Unternehmen
an.

Für die Steuerpflichtigen ist das
Urteil des BFH vorteilhaft, weil es die Umstrukturierung im Konzern
erleichtert. Dies entspricht dem Zweck der Konzernklausel.

In dem Feststellungsbescheid des
Finanzamts war zwar die F-AG als herrschendes Unternehmen bezeichnet worden.
Diese Bezeichnung entfaltete aber keine Bindungswirkung, sondern war lediglich
eine rechtlich unverbindliche Begründung des Bescheids.

Quelle: BFH, Urteil v. 28.9.2022 –
II R 13/20; NWB