Zu den Nachlassverbindlichkeiten,
die den erbschaftsteuerlichen Wert des Nachlasses mindern, gehören auch das
Honorar der Erbengemeinschaft für eine Kunstexpertin, die den Wert der
vererbten Kunstgegenstände schätzen soll, sowie die Kosten für die Lagerung und
die Versteigerung der Nachlassgegenstände, deren Erlös nach dem Testament des
Erblassers jedem einzelnen Miterben zugewendet werden soll.
Hintergrund: Bei der
Erbschaftsteuer können Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden. Hierzu
gehören neben den Verbindlichkeiten des Erblassers, die auf den Erben
übergehen, auch die sog.
Nachlassregelungskosten, die dem Erwerber
unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des
Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen.
Sachverhalt: Im Jahr 2017
verstarb der Ehemann, und noch im selben Jahr verstarb auch die Ehefrau. Beide
Eheleute hatten in einem Testament ihre Erben und Vermächtnisnehmer bestimmt
und festgelegt, welcher Geldbetrag an jeden Erben bzw. Vermächtnisnehmer
ausgezahlt werden soll. Ihre Nachlassgegenstände, zu denen Kunstwerke gehörten,
lagerten sie kostenpflichtig ein. Nach ihrem Tod im Jahr 2017 erbten mehrere
Personen, zu denen auch die Klägerin gehörte. Der Testamentsvollstrecker ließ
ein Büro und die Wohnung der verstorbenen Ehefrau räumen, zahlte Lagerkosten
für die Kunstwerke, das Honorar für eine Kunstexpertin, die er für die
Bewertung der Kunstwerke beauftragt hatte, und ließ die Kunstwerke anschließend
versteigern, um die Miterben einschließlich der Klägerin auszahlen zu können.
Die Klägerin machte die auf sie nach der Erbquote entfallenden Kosten als
Nachlassverbindlichkeiten geltend. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen
nicht an.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
-
Die streitigen Aufwendungen
sind Kosten zur Regelung des Nachlasses. Hierzu gehören Kosten der
tatsächlichen und rechtlichen Feststellung des Nachlasses, einschließlich
etwaiger Bewertungskosten sowie der Kosten, die nötig sind, um die Erben in den
Besitz der ihnen aus der Erbschaft zukommenden Güter zu setzen. -
Bei einer Erbengemeinschaft,
d.h. bei mehreren Miterben, gehören auch die Kosten für die Auseinandersetzung
der Erbengemeinschaft zu den abziehbaren Kosten. Denn die Erbengemeinschaft ist
nicht auf Dauer angelegt, sondern auf Auseinandersetzung, so dass jeder Miterbe
seinen Anteil am Nachlass erhält. -
Zu den abziehbaren Kosten
gehören bei einer Erbengemeinschaft auch die Kosten, die für eine Versteigerung
anfallen, insbesondere wenn der Versteigerungserlös an die Miterben
entsprechend dem testamentarischen Willen des Erblassers ausgekehrt werden
soll. Dies umfasst auch die Kosten für die Lagerung der
Nachlassgegenstände bis zur Versteigerung. Auch die
Honorarkosten für die Kunstexpertin sind
Nachlassregelungskosten, weil die Bewertung der Kunstgegenstände der
Versteigerung dient.
Hinweise: Für die Kosten
zur Regelung des Nachlasses sowie für die Bestattungs- und Grabpflegekosten
(einschließlich der Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal) gewährt der
Gesetzgeber insgesamt einen Pauschalbetrag, der vom Gesetzgeber kürzlich von
10.300 € auf 15.000 € angehoben worden ist. Der Steuerpflichtige
kann aber auch – wie im Streitfall die Klägerin – einen höheren
Aufwand nachweisen.
Zu den Räumungskosten hat sich der
BFH nicht mehr geäußert. Das Finanzgericht hatte die Räumungskosten als
Nachlassregelungskosten anerkannt.
Quelle: BFH, Urteil vom 21.8.2024
– II R 43/22; NWB
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