Wird ein Grundstück, das zuvor aus dem Betriebsvermögen entnommen
worden war, innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist verkauft, ist vom
Spekulationserlös der angesetzte Entnahmewert abzuziehen; dies ist
grundsätzlich der Teilwert, der in etwa dem Verkehrswert entspricht. Ist der
Ansatz des Teilwertes bei der Entnahme aber unterblieben, sondern die Entnahme
gewinnneutral erfolgt, darf nur der niedrigere Buchwert vom Spekulationserlös
abgezogen werden.
Hintergrund: Der Verkauf eines
Grundstücks des Privatvermögens innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung mit
Gewinn führt zu einem steuerpflichtigen Spekulationsgewinn. Die Höhe des
Spekulationsgewinns ergibt sich grundsätzlich aus dem Verkaufserlös abzüglich
der Anschaffungs- und Veräußerungskosten. Als Anschaffung gilt nach dem Gesetz
aber auch eine Entnahme des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen; in diesem
Fall ist der angesetzte Entnahmewert abzuziehen, d.h. grundsätzlich der
Teilwert.
Sachverhalt: Die Klägerin war
eine aus zwei Schwestern bestehende Grundstücksgemeinschaft. Ihr Vater hatte
ihnen im Dezember 2007 ein Grundstück geschenkt. Dieses Grundstück hatte er
ursprünglich für ca. 11.000 € erworben und im Jahr 2007 aus seinem
landwirtschaftlichen Betriebsvermögen entnommen; diese Entnahme hatte er jedoch
gewinnneutral mit dem Buchwert von 11.000 € vorgenommen und nicht den
Teilwert von ca. 556.000 € gewinnerhöhend angesetzt. Im Mai 2016
verkaufte die Klägerin (Grundstücksgemeinschaft) das Grundstück für ca.
570.000 € und erhielt den Kaufpreis im Streitjahr 2017. Die
Klägerin ging von einem Spekulationsgewinn in Höhe von ca. 14.000 €
aus, indem sie vom Verkaufserlös den Teilwert von 556.000 € abzog.
Das Finanzamt zog hingegen nur den Buchwert von 11.000 € ab und
gelangte so zu einem Spekulationsgewinn von 559.000 € (Erlös
570.000 € minus Anschaffungskosten 11.000 €).
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte den vom Finanzamt ermittelten
Spekulationsgewinn von 559.000 €:
-
Der Verkauf des Grundstücks ist innerhalb der zehnjährigen
Spekulationsfrist erfolgt. Denn als Anschaffung gilt nach dem Gesetz auch die
Entnahme aus dem Betriebsvermögen. Die Entnahme ist im Dezember 2007 erfolgt,
und der Verkauf ist im Mai 2016 getätigt worden. Zwar hat nicht die Klägerin
das Grundstück entnommen, sondern der Vater der beiden Schwestern. Bei einem
unentgeltlichen Erwerb wie im Dezember 2007 ist dem Beschenkten aber die
Anschaffung bzw. die Entnahme durch den
Schenker zuzurechnen. Damit wird die
Klägerin so gestellt, als hätte sie selbst das Grundstück entnommen und damit
angeschafft. -
Wird – wie im Streitfall – eine Entnahme als
Anschaffung behandelt, wird der angesetzte Entnahmewert als Anschaffungskosten
vom Veräußerungserlös abgezogen. Jedoch hat der Vater der beiden Schwestern
keinen Teilwert als Entnahme angesetzt, sondern das Wirtschaftsgut
erfolgsneutral entnommen, also die Entnahme mit dem Buchwert angesetzt. Daher
wird nur der Buchwert vom Verkaufserlös abgezogen.
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Hinweise: Erklärt ein Steuerpflichtiger bei der Entnahme eines
Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen keinen Entnahmegewinn, wird er im
Rahmen der Ermittlung eines Spekulationsgewinns nicht besser gestellt als ein
Steuerpflichtiger, der einen Entnahmegewinn zu niedrig erklärt. Unklar bleibt,
weshalb der Vater keinen Entnahmegewinn erklärt hat; dies dürfte fehlerhaft
gewesen sein. Dieser Fehler des Jahres 2007 wird nun durch die Ermittlung eines
höheren Spekulationsgewinns im Jahr 2017 faktisch korrigiert.
Hätte der Vater im Jahr 2007 den Teilwert von 556.000 €
angesetzt, hätte er einen Entnahmegewinn von 545.000 € erzielt
(Teilwert abzüglich Anschaffungskosten von 11.000 €). Dafür wäre jetzt
der Spekulationsgewinn der Klägerin, an der seine beiden Töchter beteiligt
sind, entsprechend niedriger ausgefallen.
BFH, Urteil v.6.12.2021 – IX R 3/21; NWB
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