Erhält ein deutscher Polizist, der seinen Wohnsitz in Deutschland
hat, für einen vorübergehenden Einsatz für Frontex in Griechenland eine
Vergütung der EU, ist diese in Deutschland steuerpflichtig. Für eine derartige
Vergütung gibt es keine Steuerbefreiung.

Hintergrund: Wer seinen Wohnsitz
in Deutschland hat, ist grundsätzlich mit seinem gesamten Einkommen in
Deutschland steuerpflichtig, also auch mit dem im Ausland erzielten Einkommen
(sog. Welteinkommensprinzip). Allerdings können im Einzelfall Steuerbefreiungen
gelten, oder es greift eine Regelung eines Doppelbesteuerungsabkommens, nach
der das in einem ausländischen Staat erzielte Einkommen nur dort besteuert
wird, nicht aber in Deutschland.

Sachverhalt: Der Kläger war
Polizeibeamter in Deutschland und hatte in Deutschland auch seinen Wohnsitz. In
den Streitjahren 2015 bis 2017 wurde er mehrfach für jeweils vier bis sechs
Wochen an die Bundespolizei abgeordnet, die ihn wiederum der griechischen
Küstenwache im Rahmen von Frontex-Einsätzen als Experte für Fingerabdrücke
zuordnete. Für seine Auslandseinsätze erhielt der Kläger Vergütungen der EU,
die die Gelder an die Bundespolizei zahlte, die die Gelder wiederum an den
Kläger weiterleitete. Das Finanzamt hielt die Vergütungen der EU für
steuerpflichtig, soweit sie bestimmte fiktive steuerfreie
Reisekostenerstattungen und steuerfreie Auslandsdienstbezüge überstiegen. Der
Kläger war der Auffassung, dass die Vergütungen der EU insgesamt steuerfrei
seien.

Entscheidung: Der BFH bejahte
eine Steuerpflicht der von der EU gezahlten Vergütungen und wies die Klage
ab:

  • Der Kläger war in Deutschland unbeschränkt
    steuerpflichtig
    , da er in Deutschland seinen Wohnsitz hatte.
    Die Vergütungen der EU gehörten zu seinem Arbeitslohn.

  • Die Steuerfreiheit für eine Tätigkeit im Ausland, die u.a.
    Beschäftigten im öffentlichen Dienst gewährt wird, war nicht zu gewähren, da
    hierfür erforderlich gewesen wäre, dass die Vergütungen aus einer
    inländischen öffentlichen Kasse gezahlt
    werden. Diese Voraussetzung war nicht erfüllt, da sie von der EU gezahlt
    wurden.

  • Eine weitere Steuerbefreiung schied ebenfalls aus, weil sie
    ein Dienstverhältnis zu einer anderen Person als dem öffentlichen Dienst
    vorausgesetzt hätte; der Kläger war aber nicht bei der Frontex beschäftigt,
    sondern bei der deutschen Polizeibehörde seines Bundeslands.

  • Eine Steuerbefreiung nach EU-Vorschriften kam ebenfalls nicht
    in Betracht, da der Kläger weder EU-Beamter noch sonstiger Bediensteter der EU
    war.

  • Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und
    Griechenland bewirkte nicht, dass die EU-Vergütungen nur in Griechenland zu
    versteuern waren. Denn das Besteuerungsrecht liegt bei Deutschland, wenn sich
    der Kläger nicht länger als 183 Tage in Griechenland aufgehalten hat und wenn
    der Arbeitgeber, der die Vergütungen gezahlt hat, nicht in Griechenland
    ansässig ist und wenn die Vergütungen nicht vom Gewinn einer Betriebsstätte in
    Griechenland abgezogen worden sind. Diese Voraussetzungen waren erfüllt, so
    dass das Besteuerungsrecht bei Deutschland lag und der Kläger seine Vergütungen
    in Deutschland versteuern musste.

Hinweis: Der BFH lehnte auch
eine Besteuerung der Vergütungen in Polen ab. Zwar hat die Frontex ihren Sitz
in Warschau; der Kläger hat jedoch seine Tätigkeit nicht in Polen, sondern in
Griechenland ausgeübt.

Dem Kläger blieb als Erfolg seines Einspruchsverfahrens eine
Kürzung der zu versteuernden EU-Vergütungen um fiktive steuerfreie
Reisekostenerstattungen und Auslandsdienstbezüge. Da diese Kürzung, die sich
zugunsten des Klägers auswirkte, vom Kläger nicht angegriffen wurde, hat sich
der BFH zu den Einzelheiten dieser Kürzung nicht geäußert.

Quelle: BFH, Urteil vom 16.5.2024 – VI R 31/21; NWB