Grundsätzlich darf ein Gemeindeprüfer an einer vom Finanzamt
angeordneten und durchgeführten Außenprüfung, die auch die Gewerbesteuer
betrifft, teilnehmen. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige
Vertragsbeziehungen zu der Gemeinde unterhält und Sorge hat, dass der
Gemeindeprüfer Einblick in die Kalkulation erhalten könnte. Diesem
Geheimhaltungsinteresse des Steuerpflichtigen kann dadurch Rechnung getragen
werden, dass der Außenprüfer des Finanzamts während der Außenprüfung darüber
entscheidet, welche Informationen er an den Gemeindeprüfer weitergibt.

Hintergrund: Nach dem Gesetz
sind die Gemeinden berechtigt, an Außenprüfungen der Finanzämter, die die
Gewerbe- oder Grundsteuer betreffen, teilzunehmen, wenn die Außenprüfung im
Gemeindebezirk erfolgt und der Steuerpflichtige in der Gemeinde eine
Betriebsstätte unterhält oder aber Grundbesitz hat.

Sachverhalt: Die Klägerin war
eine im Einzelhandelsbereich tätige GmbH in der Gemeinde X. Sie verkaufte ihre
Waren auch an die X. Das Finanzamt ordnete im August 2017 eine Außenprüfung bei
der Klägerin an, die u.a. die Gewerbesteuer betraf. In der Anordnung teilte das
Finanzamt mit, dass auch der Gemeindeprüfer an der Prüfung teilnehme. Die
Klägerin wehrte sich gegen die Prüfungsanordnung mit der Begründung, die
Gemeinde könne aufgrund der Teilnahme des Gemeindeprüfers Einblick in ihre
Kalkulation erhalten, die ihren Lieferverträgen mit der Gemeinde sowie mit
ihren anderen Kunden zugrunde liegt.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) hielt die Prüfungsanordnung für rechtmäßig und wies die
Klage ab:

  • Die Gemeinde hat ein gesetzliches Teilnahmerecht an einer vom
    Finanzamt angeordneten Außenprüfung, wenn diese die Gewerbe- oder Grundsteuer
    betrifft. Daher ist eine Prüfungsanordnung rechtmäßig, in der der Gemeinde ein
    Teilnahmerecht eingeräumt wird.

  • Allerdings muss der Außenprüfer des Finanzamts aufgrund des
    Steuergeheimnisses darauf achten, dass der Gemeindeprüfer nur Informationen
    erlangt, die die Gewerbe- bzw. Grundsteuer betreffen.

  • Soweit der Steuerpflichtige ein berechtigtes
    Geheimhaltungsinteresse
    dahingehend hat, dass die Gemeinde
    von bestimmten Daten oder Unterlagen nichts erfährt, kann dieses
    Geheimhaltungsinteresse während der Außenprüfung
    berücksichtigt
    werden. So kann der Steuerpflichtige dem
    Prüfer des Finanzamts konkret mitteilen, welche Unterlagen und Daten dem
    Gemeindeprüfer nicht offenbart werden sollen. Der Außenprüfer kann dann die
    Unterlagen und Daten des Steuerpflichtigen in qualitativer Weise auf ihre
    Vertragssensibilität prüfen und entscheiden, welche Informationen er dem
    Gemeindeprüfer mitteilt.

  • Sollte sich der Finanzamtsprüfer für eine
    Weitergabe der – vom Steuerpflichtigen
    als geheimhaltungsbedürftig angesehenen – Informationen an den
    Gemeindeprüfer entscheiden, muss er dies durch einen Verwaltungsakt (Bescheid)
    entscheiden und diesen
    begründen. Der Steuerpflichtige kann dann
    gegen den Bescheid Einspruch einlegen und sich hiergegen auch im einstweiligen
    Rechtsschutz wehren.

Hinweise: Auch wenn die Klägerin
verloren hat, bedeutet dies nicht, dass ihr Geheimhaltungsinteresse irrelevant
ist. Die Klägerin muss zwar zunächst die Prüfungsanordnung hinnehmen, kann
während der Prüfung aber den Prüfer informieren, welche Unterlagen und Daten
sie als geheimhaltungsbedürftig ansieht. Der Prüfer entscheidet dann darüber,
ob er diese Unterlagen und Daten der Gemeinde offenbart oder nicht. Falls er
die Auffassung des Steuerpflichtigen nicht teilt, muss er diese Entscheidung
durch Bescheid treffen, so dass sich der Steuerpflichtige hiergegen rechtlich
wehren kann, und zwar auch vorab, wie der Hinweis des BFH auf den einstweiligen
Rechtsschutz zeigt.

Einen generellen Ausschluss des Teilnahmerechts der Gemeinde in der
Prüfungsanordnung wegen der Vertragsbeziehungen zwischen dem Steuerpflichtigen
und der Gemeinde lehnt der BFH aber ab, weil dies zu einer faktischen
Aushöhlung des gesetzlich geregelten Teilnahmerechts der Gemeinde führen würde.
Die Gemeinde müsste ansonsten Vertragsbeziehungen zu den Unternehmen ihrer
Gemeinde unterlassen, um einen Ausschluss ihres Teilnahmerechts zu vermeiden;
mit einer derartigen Unterlassung würde sie aber gegen ihre eigenen Interessen
verstoßen.

Quelle: BFH, Urteil v. 20.10.2022 – III R 25/21; NWB