Übernehmen Mieter einer Wohnungsgenossenschaft freiwillig Anteile
an einer Genossenschaft, die den Mietern dafür eine Mietminderung anbietet, ist
der Mietnachlass gewerbesteuerlich nicht als Aufwendungen für Fremdkapital dem
Gewinn der Genossenschaft hinzuzurechnen. Bei den freiwillig übernommenen
Genossenschaftsanteilen handelt es sich nämlich um Eigenkapital und nicht um
Fremdkapital.

Hintergrund: Gewerbesteuerlich werden Zinsen für Fremdkapital zu
1/4 wieder dem Gewinn hinzugerechnet, soweit der Betrag der gesamten
Hinzurechnungen – neben den Zinsen sind z.B. auch Mieten oder Lizenzen
dem Gewinn in einem bestimmten Umfang hinzuzurechnen – 200.000 €
pro Betrieb übersteigt.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine Wohnungsgenossenschaft. Sie bot
ihren Mietern an, dass diese freiwillig unverzinsliche Genossenschaftsanteile
(d.h. ohne Dividende) übernehmen können und hierfür eine Mietminderung im
Umfang der üblichen Dividende erhalten. Das Finanzamt sah in der Mietminderung
eine Vergütung für Fremdkapital und nahm eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung
in Höhe der Mietminderung vor.

Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) gab der
hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die Klägerin hatte keine Aufwendungen für Fremdkapital
    getätigt und etwa Zinsen an eine Bank gezahlt.

  • Zwar hat die Klägerin ihren Mietern eine Mietminderung in Höhe
    der üblichen Dividende für die freiwillig übernommenen Genossenschaftsanteile
    zugesagt. In der Mietminderung war aber keine Vergütung für
    Fremdkapital
    zu sehen; denn das Kapital, das durch die
    Zeichnung freiwilliger Genossenschaftsanteile entstanden ist, war Eigenkapital
    der Genossenschaft.

  • Zum Eigenkapital einer Genossenschaft gehört das
    Geschäftsguthaben der Mitglieder. Das Geschäftsguthaben des einzelnen Mitglieds
    setzt sich aus den gezeichneten Geschäftsanteilen zusammen, zu denen sowohl die
    Pflichtbeteiligung des Mitglieds als auch die freiwilligen Geschäftsanteile,
    die von dem Mitglied über die Pflichtbeteiligung hinaus gezeichnet werden
    können, gehören.

Hinweise: Die Klägerin hatte
Sorge gehabt, dass das Finanzamt eine verdeckte Gewinnausschüttung annehmen
könnte, und hatte daher vorab eine verbindliche Auskunft beim Finanzamt
beantragt. Das Finanzamt hat die verbindliche Auskunft erteilt und eine
verdeckte Gewinnausschüttung verneint. Nach einer Außenprüfung bei der Klägerin
hat das Finanzamt dann aber eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung in Höhe der
zugesagten Mietminderung vorgenommen. Das FG interpretierte die verbindliche
Auskunft aber zugunsten der Klägerin dahingehend, dass das Finanzamt jegliche
Form der Einkommens- bzw. Gewinnerhöhung in Bezug auf die Übernahme
freiwilliger Genossenschaftsanteile ausgeschlossen habe, also auch unter dem
Gesichtspunkt der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung. Daher hätte die Klage auch
aufgrund der verbindlichen Auskunft Erfolg gehabt.

Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.11.2023 – 6 K
6042/20; NWB