Die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage für die Entsorgung
gefährlicher Chemikalien, die ein Entsorgungsfachbetrieb vornimmt, richtet sich
nach dem vereinbarten Entsorgungspreis. Sie erhöht sich nicht um den Wert der
verunreinigten Chemikalien, die der Entsorgungsfachbetrieb nach entsprechender
Verwertung als sog. Regenerat ggf. wieder verkaufen kann.

Hintergrund: Umsatzsteuerliche
Bemessungsgrundlage ist das Entgelt. Besteht das Entgelt für eine sonstige
Leistung (Dienstleistung) in einer Lieferung oder einer sonstigen Leistung,
spricht man von einem tauschähnlichen Umsatz; in diesem Fall gilt der Wert
jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz. Wird zusätzlich noch Geld
gezahlt, nennt man dies einen tauschähnlichen Umsatz mit Baraufgabe, so dass
als Bemessungsgrundlage der gezahlte Betrag zuzüglich des Wertes des anderen
Umsatzes anzusetzen ist.

Sachverhalt: Die Klägerin war
eine GmbH, die einen Entsorgungsfachbetrieb für Chemikalien betrieb. Sie holte
bei ihren Kunden verunreinigte Chemikalien ab, um sie fachgerecht zu entsorgen.
Sie löste die Verunreinigungen aus den Chemikalien heraus und entsorgte diese;
die auf diese Weise gereinigten Chemikalien veräußerte die Klägerin als sog.
Regenerat, falls die Qualität dies hergab. Das Finanzamt setzte als
umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage den Entsorgungspreis sowie den Wert des
Regenerats an, weil es einen tauschähnlichen Umsatz mit Baraufgabe
annahm.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Ein tauschähnlicher Umsatz mit Baraufgabe setzt voraus, dass
    der Vertragspartner neben der Zahlung noch eine Lieferung oder
    sonstige Leistung (Dienstleistung) erbringt
    .

  • Die Überlassung der verunreinigten Chemikalien stellte keine
    sonstige Leistung der Kunden an die Klägerin dar.

  • Es handelte sich bei der Überlassung der verunreinigten
    Chemikalien auch nicht um eine Lieferung an die Klägerin, da der Klägerin keine
    Verfügungsmacht an den Chemikalien verschafft wurde. Die Übergabe der
    Chemikalien an die Klägerin erfolgte nämlich nur zum Zweck der
    Entsorgung
    nach den gesetzlichen Vorschriften; die Klägerin
    sollte über die verunreinigten Chemikalien nicht frei verfügen können.

  • Gegen eine Lieferung von Chemikalien spricht zudem, dass die
    verunreinigten Chemikalien keine marktfähige
    Handelsware
    darstellten und dass nicht stets ein Regenerat
    hergestellt werden konnte.

  • Unbeachtlich ist, dass die verunreinigten Chemikalien nach der
    Reinigung in Gestalt des sog. Regenerats einen Wert haben konnten. Die Klägerin
    hat den möglichen Verkaufspreis des Regenerats lediglich im Rahmen ihrer
    eigenen Kalkulation als Preisnachlass zugunsten des jeweiligen Kunden
    berücksichtigt.

Hinweis: Die umsatzsteuerliche
Bemessungsgrundlage war daher der vereinbarte Netto-Entsorgungspreis, nicht
aber zusätzlich der Wert des Regenerats.

Für eine Annahme einer Lieferung an die Klägerin und damit für
einen tauschähnlichen Umsatz mit Baraufgabe wäre es erforderlich gewesen, dass
die verunreinigten Chemikalien im Zeitpunkt der Überlassung der Klägerin
bereits einen Wert gehabt hätten, ohne dass es einer späteren Reinigung bedurft
hätte. So hat die Rechtsprechung bislang einen tauschähnlichen Umsatz
angenommen, wenn ein Abbruchunternehmer zusätzlich zum vereinbarten Preis noch
verwertbaren Metallschrott oder Mobiliar erhält. Die umsatzsteuerliche
Bemessungsgrundlage erhöht sich dann um den Wert des verwertbaren
Metallschrotts bzw. Mobiliars.

Quelle: BFH, Urteil vom 18.5.2024 – V R 7/22; NWB