Ein sog. Klarierungsagent (Schiffsmakler), der den Kontakt zu einer
Seehafen-Spedition herstellt, damit diese – noch nicht vollständig
feststehende – Leistungen zur Schiffsabfertigung und -versorgung des
einlaufenden Schiffes der Reederei, die den Schiffsmakler beauftragt hat,
ausführt, erbringt eine umsatzsteuerliche Vermittlungsleistung und nicht eine
Vielzahl von Vermittlungsleistungen. Die Seehafen-Spedition kann daher die
Umsatzsteuer, die sich aus der Vermittlungsleistung ergibt, als Vorsteuer
abziehen.

Hintergrund: Die Umsätze für die
Seeschifffahrt und für die Luftfahrt sind umsatzsteuerfrei. Ebenfalls
umsatzsteuerfrei ist die Vermittlung der Umsätze für die Seeschifffahrt.

Sachverhalt: Die Klägerin
betrieb eine Seehafen-Spedition und versorgte einlaufende Schiffe mit der
Schiffsabfertigung und Versorgung des Schiffs. Die Reederei des Schiffs
beauftragte vor dem Einlaufen ihres Schiffes in den Hafen einen sog.
Klarierungsagenten (Schiffsmakler), der den Kontakt zu der Klägerin herstellte.
Der Klarierungsagent informierte die Klägerin über die bereits von der Reederei
beauftragten Leistungen. Anschließend beauftragten die Reederei oder auch die
Schiffsbesatzung die Klägerin aber noch mit weiteren Leistungen; pro Schiff
führte die Klägerin bis zu 70 unterschiedliche Leistungen aus. Die Klägerin
erbrachte dabei gegenüber der Reederei umsatzsteuerpflichtige und
umsatzsteuerfreie Leistungen. Der Klarierungsagent erhielt von der Klägerin
eine Vermittlungsprovision, über die die Klägerin eine Gutschrift mit
Umsatzsteuer ausstellte, und zwar auch, soweit die Provision für die Erbringung
umsatzsteuerfreier Umsätze der Klägerin berechnet wurde. Die Klägerin machte
die Umsatzsteuer aus der von ihr ausgestellten Gutschrift als Vorsteuer
geltend. Das Finanzamt kürzte den Vorsteuerabzug um 25 %, weil etwa 1/4 der von
der Klägerin erbrachten Leistungen umsatzsteuerfrei gewesen sind.

Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Der Vorsteuerabzug aus einer umsatzsteuerpflichtigen Leistung
    ist zulässig. Der Klarierungsagent hat eine umsatzsteuerpflichtige Leistung
    erbracht, nämlich eine einheitliche
    Vermittlungsleistung
    . Diese Vermittlungsleistung ist
    umsatzsteuerpflichtig, so dass der Vorsteuerabzug der Klägerin möglich
    ist.

  • Für die Umsatzsteuerfreiheit ist es erforderlich, dass die
    Vermittlungsleistung einen eindeutigen Bezug zu konkreten steuerfreien Umsätzen
    für die Seeschifffahrt aufweist. Die Vermittlung lediglich eines Kontakts zu
    nur einem Kunden genügt hierfür nicht; ebenso wenig ist es ausreichend, dass im
    Anschluss an die Vermittlung auch umsatzsteuerfreie Umsätze getätigt werden.

  • Die Vermittlungsleistung des Klarierungsagenten ist auch
    nicht anteilig umsatzsteuerfrei. Eine
    einheitliche Vermittlungsleistung kann nicht in einen umsatzsteuerpflichtigen
    und einen umsatzsteuerfreien Teil aufgeteilt werden. Im Zeitpunkt der
    Vermittlung war der Anteil der künftigen umsatzsteuerfreien und
    umsatzsteuerpflichtigen Leistungen zudem weitgehend unklar; die Klägerin hat
    später zu 75 % und damit zu einem weit überwiegenden Teil
    umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbracht.

Hinweise: Die
Vermittlungsleistung des Klarierungsagenten war umsatzsteuerbar, da sie im
Inland erbracht wurde.

Der Vorsteuerabzug war im Streitfall nur davon abhängig, dass der
Klarierungsagent eine umsatzsteuerpflichtige Vermittlungsleistung erbracht hat.
Es kam nicht darauf an, ob die Klägerin später umsatzsteuerfreie
Ausgangsleistungen an die Reederei erbringen würde; denn nach dem Gesetz wird
der Vorsteuerabzug bei umsatzsteuerfreien Ausgangsumsätzen im Bereich der
Seeschifffahrt nicht ausgeschlossen. Der Vorsteuerabzug aus der
umsatzsteuerpflichtigen Vermittlungsleistung des Klarierungsagenten wäre selbst
dann nicht ausgeschlossen, wenn die Klägerin einzelne Versorgungsleistungen
nicht im Inland, sondern im Ausland erbracht hat; denn auch hier wäre nach dem
Gesetz der Vorsteuerabzug möglich, weil es sich um Umsätze im Bereich der
Seeschifffahrt handelte.

Quelle: BFH, Urteil vom 18.1.2024 – V R 4/22; NWB