Wird ein bei einer GmbH geführtes Gesellschafter-Verrechnungskonto,
das einen Saldo zugunsten der GmbH ausweist, nicht verzinst, führt dies bei der
GmbH zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, die ihr Einkommen erhöht. Die Höhe
der verdeckten Gewinnausschüttung richtet sich grundsätzlich nach dem Zinssatz,
der in der Mitte zwischen dem fremdüblichen Habenzinssatz und dem fremdüblichen
Sollzinssatz liegt.
Hintergrund: Gewinnminderungen
einer Kapitalgesellschaft, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst
sind, werden als verdeckte Gewinnausschüttung dem Einkommen der
Kapitalgesellschaft wieder hinzugerechnet. Hierzu zählt z.B. ein überhöhtes
Gehalt für den Gesellschafter-Geschäftsführer oder die unterlassene Verzinsung
eines dem Gesellschafter gewährten Darlehens.
Sachverhalt: Die Klägerin war
eine GmbH, an der der A mit 60 % beteiligt war. Die GmbH führte für A ein
Verrechnungskonto, das in den Streitjahren 2014 und 2015 einen Saldo von mehr
als 200.000 € zugunsten der GmbH auswies. Das Verrechnungskonto wurde
nicht verzinst. Das Finanzamt hatte bereits im Jahr 2012 einen Antrag auf
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des A gestellt. Das
Finanzamt setzte für 2014 und 2015 eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe
eines Zinssatzes von 4,5 % des Saldos an.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) folgte der Auffassung des Finanzamts und wies die Klage
ab:
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Die unterbleibende Verzinsung eines
Gesellschafter-Verrechnungskontos führt unter dem Gesichtspunkt einer
verhinderten Vermögensmehrung zu einer
verdeckten Gewinnausschüttung. Denn es handelt sich bei der Unverzinslichkeit
um einen Vorteil, der dem Gesellschafter aufgrund seines
Gesellschaftsverhältnisses gewährt wird. -
Die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung richtet sich nach
dem fremdüblichen Zinssatz. Dabei ist es
jedoch grundsätzlich nicht geboten, nur auf den Habenzinssatz abzustellen, den
die GmbH bei einer Anlage bei einer Bank hätte erhalten können. Vielmehr ist
auch die Sicht des Gesellschafters als Kreditnehmer zu berücksichtigen, der im
Fall der Kreditaufnahme bei einer Bank den üblichen Sollzinssatz hätte
entrichten müssen. Daher kann grundsätzlich unterstellt werden, dass sich die
GmbH und der Gesellschafter die bankübliche Marge zwischen Soll- und
Habenzinsen teilen (sog. Margenteilungsgrundsatz). -
Der vom Finanzamt ermittelte und vom Finanzgericht bestätigte
Zinssatz von 4,5 % ist nicht zu beanstanden. Denn in den Streitjahren lag der
Habenzinssatz nur geringfügig über 0 % und der Sollzinssatz bei etwa 9 %. Die
Marge betrug damit neun Prozentpunkte, so dass für die verdeckte
Gewinnausschüttung die Hälfte hiervon, nämlich ein Zinssatz von 4,5 % angesetzt
werden konnte. Dabei war zuungunsten der Klägerin zu berücksichtigen, dass ihre
Forderung gegen A unbesichert war und daher den Charakter eines unbesicherten
Privatkredits hatte. Angesichts der Höhe des Verrechnungskontos von mehr als
200.000 € und des im Jahr 2012 gestellten Insolvenzeröffnungsantrags war
die fehlende Besicherung bedeutsam und sprach gegen einen niedrigeren Zinssatz.
Hinweise: Hätte sich die GmbH
selbst über Kredite finanziert, hätte die verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe
der von der GmbH gegenüber der Bank geschuldeten Sollzinsen angesetzt werden
können.
Das Urteil macht deutlich, dass
Gesellschafter-Verrechnungskonten, die von einer GmbH geführt werden, verzinst
werden sollten. Anderenfalls droht der Ansatz einer
verdeckten Gewinnausschüttung. Hinsichtlich der Höhe hält der BFH am
Margenteilungsgrundsatz fest, wonach sich GmbH und Gesellschafter die Differenz
(Marge) zwischen Sollzinssatz und Habenzinssatz teilen.
Quelle: BFH, Urteil vom 22.2.2023 – I R 27/20; NWB
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