Das gesetzliche Verlustverrechnungsverbot bei rückwirkend
vorgenommenen Umwandlungen gilt in allen Einbringungsfällen mit Rückwirkung und
ist nicht auf Missbrauchsfälle beschränkt.
Außerdem verhindert es auch bei der Gewerbesteuer eine Verrechnung des
Verlustes des übernehmenden Rechtsträgers mit positiven Einkünften des
übertragenden Rechtsträgers, die dieser im Rückwirkungszeitraum erzielt hat.

Hintergrund: Umwandlungen können
steuerlich mit Rückwirkung vorgenommen worden, z.B. am 1.7.2023 mit Rückwirkung
zum 1.1.2023. Im Rückwirkungszeitraum gibt es dann einen übernehmenden
Rechtsträger und einen übertragenden Rechtsträger. Nach dem Gesetz ist ein
Ausgleich oder die Verrechnung von positiven Einkünften des übertragenden
Rechtsträgers aus dem Rückwirkungszeitraum mit Verlusten des übernehmenden
Rechtsträgers nicht zulässig.

Sachverhalt: Die Klägerin war
eine GmbH, die vom Einzelkaufmann S mit notarieller Urkunde am 13.7.2017
rückwirkend zum 1.1.2017 durch sog. Ausgliederung des Vermögens des
Einzelunternehmens des S gegründet wurde. Am 21.8.2017 wurde die Klägerin in
das Handelsregister eingetragen. Während sie im Jahr 2017 einen Verlust
erzielte, erwirtschaftete S im Rückwirkungszeitraum des Jahres 2017 einen
Gewinn. Das Finanzamt erkannte eine Verrechnung des Verlustes der Klägerin mit
dem Gewinn des S nicht an.

Entscheidung: Der BFH wies die
hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Das gesetzliche Verlustverrechnungsverbot steht einer
    Verrechnung des im Rückwirkungszeitraum erzielten Gewinns des S mit dem von der
    Klägerin erlittenen Verlust entgegen. Dabei kommt es nicht auf einen
    steuerlichen Missbrauch an. Das Verlustverrechnungsverbot greift daher auch
    dann, wenn die Klägerin als übernehmender Rechtsträger noch gar keine
    Verlustvorträge im Zeitpunkt der Umwandlung hat, weil sie erst durch die
    Umwandlung entsteht.

  • Auch wenn das Gesetz körperschaftliche Begriffe verwendet,
    gilt es doch auch für die Gewerbesteuer. Daher kann auch bei der Gewerbesteuer
    eine Verlustverrechnung nicht erfolgen.

Hinweise: Der Gesetzgeber will
verhindern, dass mittels einer rückwirkenden Umwandlung gezielt Verlustvorträge
einer Kapitalgesellschaft genutzt werden. Der BFH hält das
Verlustverrechnungsverbot für verfassungsmäßig.

Der Rückwirkungszeitraum ging im Streitfall vom 1.1.2017, dem
Umwandlungsstichtag, bis zum 21.8.2017, dem Tag der Eintragung der Klägerin im
Handelsregister.

Die Ermittlung des Gewinns des übertragenden Rechtsträgers aus dem
Rückwirkungszeitraum kann regelmäßig durch eine
Zwischenbilanz erfolgen. Soll dieser
Mehraufwand vermieden werden, kann der Gewinn geschätzt werden. Im Streitfall
lagen z.B. betriebswirtschaftliche Auswertungen des S nur für das 1. Halbjahr
2017 vor; der sich hiernach ergebende Gewinn des S konnte auf den Zeitraum bis
zum 21.8.2017 mit dem Faktor 232/181 hochgerechnet werden; denn bis zum
21.8.2017 waren bereits 232 Tage vergangen.

Quelle: BFH, Urteil v. 12.4.2023 – I R 48/20; NWB