Ein Unternehmer kann die Vorsteuer aus den Kosten aus einer sog.
Outplacement-Beratung abziehen, wenn er die Outplacement-Beratung beauftragt,
einen Personalabbau umzusetzen und die Outplacement-Beratung nur den
unkündbaren Arbeitnehmern anbietet. Für die Kosten der Outplacement-Beratung
besteht ein vorrangiges Unternehmensinteresse, das den Vorteil, der sich für
die Arbeitnehmer an der Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses ergibt,
überwiegt.
Hintergrund: Der Vorsteuerabzug
setzt neben einer ordnungsgemäßen Rechnung und einer Leistung für das
Unternehmen grundsätzlich voraus, dass ein direkter und unmittelbarer
Zusammenhang zwischen Eingangs- und
Ausgangsumsatz besteht. Der Vorsteuerabzug ist hingegen
ausgeschlossen, wenn die vom Unternehmer bezogene Leistung für eine
Entnahme bzw. den privaten Bedarf seiner
Arbeitnehmer verwendet werden soll.
Streitfall: Die Klägerin war
Arbeitgeberin und musste ihren Personalaufwand reduzieren. Sie beschäftigte
viele Arbeitnehmer, die unkündbar waren oder bei denen betriebsbedingte
Kündigungen aufgrund von Tarifverträgen ausgeschlossen waren. Daher bedurfte
die Klägerin der Zustimmung ihrer Mitarbeiter zur Aufhebung der
Arbeitsverträge. Die Klägerin beauftragte mehrere sog.
Outplacement-Unternehmen, die die unkündbar und unbefristet angestellten
Arbeitnehmer u. a. betreuen und bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz
unterstützen sollten. Aus den hierfür entstandenen Kosten machte die AG den
Vorsteuerabzug geltend. Das Finanzamt erkannte den Vorsteuerabzug nur teilweise
an, soweit er nämlich auf die allgemeine Beratung und auf sog.
Erfolgspauschalen entfiel; das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug jedoch
insoweit, als es um die individuelle Beratung wie z.B. die Erstellung von
Bewerbungsmappen und um die psychologische Betreuung der Arbeitnehmer
ging.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gewährte den Vorsteuerabzug und gab der Klage statt:
-
Zwar bestand nicht der für den Vorsteuerabzug erforderliche
direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen Eingang- und Ausgangsumsatz, da
die Klägerin die eingekauften Outplacement-Leistungen nicht für eigene
Ausgangsumsätze verwendete. -
Jedoch bestand für die Klägerin ein
vorrangiges Unternehmensinteresse an der
Outplacement-Beratung, weil die Beratung die Arbeitnehmer zu einem Wechsel
ihres Arbeitsplatzes bewegen sollten. Dieses Unternehmensinteresse überwog den
Vorteil, der sich für den Arbeitnehmer aus der Begründung eines neuen
Arbeitsverhältnisses ergab. Denn eine Outplacement-Beratung erhielten nur
Arbeitnehmer, die die Klägerin nicht mehr beschäftigen wollte und die unkündbar
oder unbefristet beschäftigt waren. Die Klägerin hatte also
keinen Zuwendungswillen gegenüber diesen
Mitarbeitern, sondern wollte sich von denjenigen Mitarbeitern
trennen, bei denen sie vermutete, dass diese aufgrund ihrer unkündbaren
Stellung kein Interesse an einem aufgezwungenen Arbeitgeberwechsel hatten.
Hinweise: Aus Sicht des
Finanzamts scheidet der Vorsteuerabzug bei Sachleistungen des Arbeitgebers an
seine Arbeitnehmer häufig deshalb aus, weil die Leistungen dem privaten Konsum
der Arbeitnehmer dienen könnten. Aber dies ist nach dem BFH eben nicht der
Fall, wenn das Unternehmensinteresse überwiegt. So hat der BFH den
Vorsteuerabzug z.B. für Maklerkosten gewährt, die der Arbeitgeber im Fall eines
beruflich veranlassten Umzugs des Arbeitnehmers übernimmt, wenn der Arbeitgeber
an dem Umzug ein unternehmerisches Interesse hat; dies kann der Fall sein, wenn
der Arbeitgeber den Arbeitnehmer an einer anderen Betriebsstätte oder an einer
anderen Konzerngesellschaft benötigt und ihn deshalb zu einem Umzug bewegen
will.
Quelle: BFH, Urteil v. 30.6.2022
– V R 32/20; NWB
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